Zurück Regulierungsmodell neu – Systematik für die vierte Regulierungsperiode der Gas-Verteilernetzbetreiber

Regulierungsmodell neu – Systematik für die vierte Regulierungsperiode der Gas-Verteilernetzbetreiber 

Hintergrund

Das 2008 eingeführte österreichische Anreizregulierungssystem für Gas-Verteilernetzbetreiber befindet sich derzeit am Ende seiner dritten Periode. Die nächstfolgende, vierte Regulierungsperiode, beginnt mit 1. Jänner 2023 und endet mit 31. Dezember 2027. Grundlage dieser Periode ist eine Regulierungssystematik, die wir auf Basis eines transparenten Diskussions- und Verhandlungsprozesses gemeinsam mit den Legalparteien, dem Fachverband der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmen sowie einzelner Unternehmensvertretungen neu aufgesetzt und im Hinblick auf die aktuellen Rahmenbedingungen weiterentwickelt haben.

Ziel der Regulierung ist es im Allgemeinen, Betreibern von Netzinfrastrukturen – die volkswirtschaftlich gesehen natürliche Monopole darstellen – gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Allgemeininteresse aufzuerlegen. Die Regulierungssystematik mit ihren Regulierungsparametern legt dabei jeweils die Rahmenbedingungen der gültigen Regulierungsperiode fest. In Einklang mit den aktuell gültigen Gesetzen verfolgt sie im Speziellen beispielsweise auch die Ziele, den Unternehmen Planungssicherheit zu geben und die Stabilität des Regulierungssystems zu gewährleisten.

Herausforderungen bei der Festsetzung des neuen Regulierungsmodells 

Die derzeit unsicheren Rahmenbedingungen der Gas-Verteilernetzbetreiber als Folge des Kriegs in der Ukraine haben uns bei der Anfertigung der Regulierungssystematik für die vierte Regulierungsperiode vor besondere Herausforderungen gestellt. Zentrale Fragen hierbei waren beispielsweise, wie ein neues System implementiert werden kann, das einerseits Planungssicherheit, Stabilität und Vorhersehbarkeit schafft, andererseits aber Flexibilität hinsichtlich sich während der Periode ändernden Rahmenbedingungen sicherstellt.

Wie wurde den Herausforderungen begegnet? Welche Neuerungen wurden eingeführt? 

Um ein ausgewogenes Regulierungssystem für die vierte Periode sicherzustellen, haben wir die bestehende Systematik weiterentwickelt und auch neue Regulierungsparameter implementiert. 

So wurde beispielsweise erstmalig beim Finanzierungskostensatz, der eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals der Netzbetreiber sicherstellen soll, eine separate Betrachtung von Alt- und Neuanlagen eingeführt.  Der Grundgedanke hinter einem separaten Zins für Neuinvestitionen ist die Ermöglichung der Finanzierung (insbesondere unter Berücksichtigung der sich aktuell stark verändernden Zinslandschaft) und Durchführung angemessener und notwendiger Infrastrukturinvestitionen für die sichere Gasversorgung. Das Vorgehen soll vermeiden, dass notwendige Neuinvestitionen durch einen zu niedrigen WACC (Weighted Average Cost of Capital) verschoben werden oder ganz ausbleiben. Gleichzeitig werden die Netzbenutzer vor ungerechtfertigten Finanzierungskostenbelastungen durch einen angemessenen Zins für das eingesetzte Kapital für den alten Anlagebestand geschützt.

Aufgrund der aktuellen außergewöhnlichen Inflationsentwicklungen wird erstmalig eine Aufrollung des t-2-Zeitverzugs beim Netzbetreiberpreisindex eingeführt. Durch die Einführung der Aufrollung verhindern wir eine Kostenunterdeckung auf Netzbetreiberseite und stellen gleichzeitig Transparenz und Vorhersehbarkeit hinsichtlich der Kostenanerkennung im Zuge der vierten Regulierungsperiode sicher.

Als Neuheit sei auch die Einführung der Systematik potenziell veränderlicher Parameter genannt: Durch den Krieg in der Ukraine wurde in Europa der ohnehin geplante Ausstieg aus dem Energieträger Gas – insbesondere in der Raumwärme – neuerlich prävalent. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich dementsprechend auch der gesetzliche Rahmen für Gas-Verteilernetzbetreiber im Verlauf der Regulierungsperiode verändert und den neuen politischen Zielen angepasst wird. Um für diesen Fall eine Flexibilität der Regulierungssystematik zu erlauben, wird die Möglichkeit der Berücksichtigung eines Erweiterungsfaktors vorgesehen, welcher gesetzliche Veränderungen der Versorgungsaufgabe abbilden kann.

Zusammenfassend liefert die Regulierungssystematik für die vierte Regulierungsperiode trotz ihrer Flexibilität einen stabilen und vorhersehbaren Rahmen für die Netzbetreiber, durch den Planungssicherheit geschaffen und eine Anreizwirkung aufrechterhalten werden kann.

Weiterführende und detailliertere Ausführungen sind in der Regulierungssystematik für die vierte Regulierungsperiode der Gas-Verteilernetzbetreiber zu finden. Dieses Dokument steht unter folgendem Link als Download zur Verfügung: https://www.e-control.at/marktteilnehmer/gas/netzentgelte/entgeltermittlungsverfahren