EU Energie Infrastruktur Paket

  • EU Energie Infrastruktur Paket - Überblick
  • Überarbeitung der Verordnung
  • Vorhaben von gemeinsamen Interesse (Projects of Common Interest - PCI)
  • Kosten-Nutzen Analyse (Cost-Benefit Analysis – CBA)
  • Grenzüberschreitende Kostenaufteilung (Cross Border Cost Allocation - CBCA
  • Risikobezogene Anreize
  • Finanzielle Unterstützung der EU (CEF-Förderung)
  • Beschleunigtes Genehmigungsverfahren
  • Transparenz und Beteiligung der Öffentlichkeit

Überblick

Seit 2013 ist das so genannte „EU Energie Infrastruktur Paket“ in Kraft. Es handelt sich um die Verordnung (EU) Nr. 347/2013 zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur. Ziel der Verordnung ist es, die Umsetzung von Energieinfrastrukturprojekten zu unterstützen, die von übergeordneter strategischer Bedeutung sind. Diese Projekte sollen zur Erreichung der europäischen Energie- und Klima-Ziele, der Vollendung des Europäischen Energiebinnenmarktes und der Energieversorgungssicherheit der Europäischen Union beitragen. 

Überarbeitung der Verordnung

Im Lichte der Klimakrise und des Europäischen „Green Deal“ bereitet die EU-Kommission derzeit eine Überarbeitung der EU Infrastrukturverordnung vor. In diesem Zusammenhang erstellte die E-Control im Juli 2020 ein umfassendes Positionspapier,  in dem mögliche Verbesserungsmaßnahmen zu folgenden Themen diskutiert werden:

•    Verankerung des Green Deal in der Verordnung
•    Kohärenz der Verordnung mit anderen Planungsinstrumenten, Gesetzen und Strategien
•    Governance der Verordnung
•    PCI-Auswahlverfahren
•    Überarbeitete Energieinfrastrukturkategorien und -Gruppen
•    Rechtzeitige Projektumsetzung und beschleunigte Genehmigungsverfahren
•    Kriterien für die Projektfinanzierung

 

Vorhaben von gemeinsamem Interesse (Projects of Common Interest - PCI)

Die Infrastruktur-Verordnung behandelt unter anderem die Identifizierung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse (Projects of Common Interest, PCI), die für die Realisierung der vorrangigen transeuropäischen Energieinfrastrukturkorridore und -gebiete erforderlich sind. Unter die relevanten Energieinfrastrukturkategorien fallen insbesondere
•    Hochspannungsfreileitungen sowie Erd- und Seekabel und Stromspeicheranlagen
•    Intelligente Stromnetze
•    Gas-Fernleitungen sowie Anlagen für die Übernahme, Speicherung und Rückvergasung oder Dekomprimierung von LNG (Liquid Natural Gas - Flüssigerdgas) und CNG (Compressed Natural Gas – komprimiertes Erdgas)
•    sowie beispielsweise Erdöl-Rohrleitungen für den Transport von Rohöl und Kohlendioxidtransportvorhaben

Aus dem PCI-Status eines Projektes ergeben sich aus der Infrastruktur-Verordnung in weiterer Folge verschiedene mögliche Vorteile für das entsprechende Projekt, die nachfolgend überblicksartig dargestellt sind.

Vorteile aus PCI Status

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Um in die Liste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse aufgenommen zu werden, muss ein Projekt mehrere Kriterien erfüllen:
•    Insbesondere muss es für einen der in Anhang I zur Verordnung genannten Infrastrukturkorridore und -gebiete erforderlich sein,
•    zumindest zwei Mitgliedstaaten (oder einen Mitgliedstaat und einen EWR-Staat) betreffen und
•    einen höheren potenziellen Gesamtnutzen als Kosten aufweisen.
•    Strom- und Gasvorhaben müssen überdies erheblich zur Marktintegration, zu Wettbewerb (nur Gas), Nachhaltigkeit oder Versorgungssicherheit beitragen.

Die vorgeschlagenen Strom- bzw. Gas-Vorhaben müssen Teil des letzten verfügbaren, durch ENTSO-E bzw. ENTSOG ausgearbeiteten, Zehnjahresnetzentwicklungsplans (TYNDP) sein. 
Die PCI-Liste wird alle zwei Jahre aktualisiert. Wie in der Infrastruktur-Verordnung vorgesehen, beraten zunächst die nationalen Regulierungsbehörden, Mitgliedstaaten, Netzbetreiber, die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) und die Europäische Kommission in regionalen Gruppen auf Basis der TYNDPs über PCI-Kandidaten. Nach öffentlicher Konsultation und Stellungnahme durch ACER wählt das, aus Europäischer Kommission und Mitgliedstaaten bestehende Entscheidungsgremium, Vorhaben aus. Die Unionsliste wird anschließend wiederum von der Europäischen Kommission als delegierter Rechtsakt verabschiedet. 
Weiterführende Informationen zu PCIs sind auf der Homepage der Europäischen Kommission zu finden: http://ec.europa.eu/energy/infrastructure/pci/pci_en.htm
Über die Homepage der Europäischen Kommission kann auch auf eine interaktive Karte zugegriffen werden, die einen Überblick über die PCIs gibt und Links zu Details zu den einzelnen Projekten enthält: http://ec.europa.eu/energy/infrastructure/transparency_platform/map-viewer/ 

PCI-Karte der Europäischen Kommission; Quelle Europäische Kommission

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Kosten-Nutzen Analyse (Cost-Benefit Analysis – CBA)

Artikel 11 Infrastruktur-Verordnung verpflichtet ENTSO-E und ENTSOG (die Vereinigung der Europäischen Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzbetreiber für Strom bzw. Gas) zur Veröffentlichung einer Methode für eine harmonisierte energiesystemweite Kosten-Nutzen-Analyse. Diese bildet die Grundlage für die Auswahl von PCIs, etwaige Kostenaufteilungsverfahren sowie die Auswahl förderwürdiger Vorhaben durch die EU. Die Methoden sind nach Stellungnahmen von ACER, der Europäischen Kommission und gegebenenfalls der Mitgliedstaaten von der Europäischen Kommission zu genehmigen. 

Die CBA Methode für Stromprojekte ist auf der Website von ENTSO-E zu finden: https://tyndp.entsoe.eu/cba/

Die CBA Methode für Gasprojekte ist auf der Website von ENTSO-G zu finden: https://www.entsog.eu/methodologies-and-modelling

Grenzüberschreitende Kostenaufteilung (Cross Border Cost Allocation - CBCA)

Laut Infrastruktur-Verordnung sollen die Kosten für die Entwicklung, den Bau, den Betrieb oder die Instandhaltung eines PCI prinzipiell von den Netzbenutzern in jenen Mitgliedstaaten, die von dem Projekt profitieren, getragen werden. Wenn die Investitionskosten eines PCI den Nutzen im Land der Investition übersteigen, so kommt dieses Projekt für eine grenzüberschreitende Kostenaufteilung in Betracht. Voraussetzung hierfür ist, dass die Vorhabenträger bei den betroffenen nationalen Regulierungsbehörden gemeinsam einen Antrag auf Kostenaufteilung stellen, das Vorhaben ausreichend ausgereift ist und die Übertragungs- oder Fernleitungsnetzbetreiber der Mitgliedstaaten mit positiver Nettoauswirkung konsultiert wurden (siehe Artikel 12 Infrastruktur-Verordnung).

Über die Investitionsanträge haben die nationalen Regulierungsbehörden innerhalb von sechs Monaten koordinierte Entscheidungen hinsichtlich der Aufteilung der Investitionskosten sowie über ihre Einbeziehung in die Netznutzungsentgelte zu erlassen.

Risikobezogene Anreize

Sollten Vorhabenträger mit der Entwicklung, dem Bau oder dem Betrieb eines PCIs höhere Risiken eingehen, als dies bei vergleichbaren Infrastrukturprojekten der Fall wäre, haben die Mitgliedstaaten bzw. nationalen Regulierungsbehörden gemäß Artikel 13 Infrastruktur-Verordnung dafür Sorge zu tragen, dass für das Vorhaben angemessene Anreize gewährt werden.
Gemäß Artikel 13 Absatz 6 Infrastruktur-Verordnung sind die nationalen Regulierungsbehörden verpflichtet, die Methode und Kriterien, die für die Bewertung von Investitionen in Strom- und Gasinfrastrukturvorhaben und der bei ihnen eingegangenen Risiken verwendet werden, zu veröffentlichen. 

Finanzielle Unterstützung der EU (CEF-Förderung)

Ergänzend zur Finanzierung von grenzüberschreitenden Investitionen durch eine Kostenaufteilungsentscheidung sieht die EU in bestimmten Fällen die Möglichkeit einer finanziellen Unterstützung vor. In den Artikeln 14 und 15 Infrastruktur-Verordnung werden förderfähige Vorhaben bzw. die Anleitung für die Festlegung von Kriterien für die Gewährung von Finanzhilfen bestimmt. Die Kriterien für die Vergabe dieser Finanzhilfen selbst regelt die Verordnung (EU) Nr. 1316/2013 zur Schaffung der Fazilität „Connecting Europe“ (nachfolgend „CEF-Verordnung“). 

Für die Gewährung einer finanziellen Unterstützung kommen gemäß Infrastruktur-Verordnung Vorhaben in Betracht, die im Wesentlichen die folgenden Kriterien erfüllen:
•    die vorhabenspezifische Kosten-Nutzen-Analyse liefert Erkenntnisse dafür, dass erhebliche positive externe Effekte wie Versorgungssicherheit, Solidarität oder Innovation gegeben sind;
•    für das Vorhaben gibt es eine Entscheidung über die grenzüberschreitende Kostenaufteilung gemäß Infrastruktur-Verordnung; und
•    das Vorhaben ist nach dem Geschäftsplan und anderen, insbesondere von potenziellen Investoren oder Gläubigern oder von der nationalen Regulierungsbehörde durchgeführten Bewertungen kommerziell nicht tragfähig.

Mit der Abwicklung der Connecting Europe Fazilität (CEF) wurde die INEA (Innovation and Networks Executive Agency) beauftragt. Auf der Website der INEA werden regelmäßig Ausschreibungen für die Vergabe von Fördermitteln veröffentlicht.

Beschleunigtes Genehmigungsverfahren

Nach den Zielsetzungen der Infrastruktur-Verordnung sollen die Verfahren zur Genehmigung von Projekten im anlagenrechtlichen Sinne weder zu unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand führen noch Hindernisse für die Entwicklung transeuropäischer Netze und des Marktzugangs schaffen. Daher sollen Investitionshindernisse ermittelt und beseitigt werden, unter anderem durch Straffung der Planungs- und Anhörungsverfahren. Dabei sollen PCIs auch auf nationaler Ebene „Vorrangstatus“ im Hinblick auf Genehmigungsverfahren einschließlich Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren erhalten, soweit dies im nationalen Recht vorgesehen ist. Dieser Vorrangstatus soll verfahrensrechtlich vor allem eine Vereinfachung des Verfahrensablaufs bzw. eine Verkürzung der Verfahrensdauer bewirken.

Gemäß Infrastruktur-Verordnung hatte jeder Mitgliedstaat eine zuständige nationale Behörde, die für die Erleichterung und Koordinierung des Genehmigungsverfahrens für PCIs verantwortlich ist, zu benennen. 

Das Genehmigungsverfahren umfasst gemäß Artikel 10 Infrastruktur-Verordnung zwei Abschnitte:

a) Der Vorantragsabschnitt, der sich auf den Zeitraum zwischen dem Beginn des Genehmigungsverfahrens und der Annahme der eingereichten Antragsunterlagen durch die zuständige Behörde erstreckt, findet binnen einer indikativen Frist von zwei Jahren statt.

b) Der formale Genehmigungsabschnitt, der sich auf den Zeitraum ab dem Datum der Annahme der eingereichten Antragsunterlagen bis zum Erlass einer umfassenden Entscheidung erstreckt, dauert maximal ein Jahr und sechs Monate.

Die Gesamtdauer des Genehmigungsverfahrens soll dann maximal drei Jahre und sechs Monate betragen.

Bereits im Vorantragsabschnitt hat eine Anhörung der Öffentlichkeit stattzufinden; hinzu kommen weitere Verpflichtungen zur Transparenz und Beteiligung der Öffentlichkeit (Artikel 9 Infrastruktur-Verordnung).

Die Implementierung dieser Vorschriften in nationales Recht erfolgte durch den Erlass des Energie-Infrastrukturgesetzes.

Transparenz und Beteiligung der Öffentlichkeit

Mit der Aufnahme in die Unionsliste gilt ein Vorhaben in energiepolitischer Hinsicht als erforderlich. Diese Regelung zielt darauf ab, energiepolitische Grundsatzdiskussionen im Genehmigungsverfahren zu vermeiden. In Hinblick auf die Verfahrensbeschleunigung normiert die Infrastrukturverordnung auch spezielle Vorgaben zur Beteiligung der Öffentlichkeit.

Zunächst erstellten die Mitgliedstaaten bzw. deren zuständige Behörden ein Verfahrenshandbuch. Dieses enthält Informationen zu den anzuwendenden Rechtsvorschriften, zu den einzuholenden Entscheidungen und Stellungnahmen, Kontaktdaten der zuständigen Behörden etc. Im Sinne einer erhöhten Transparenz ist schließlich ein Vorhabenträger verpflichtet, zu Beginn des Genehmigungsverfahrens ein Konzept zur Öffentlichkeitsbeteiligung zur Genehmigung einzureichen. Vor Einreichung der endgültigen Antragsunterlagen findet eine Anhörung der Öffentlichkeit statt. Ziel dieser Anhörung ist es u.a., den am besten geeigneten Standort oder die am besten geeignete Trasse festzustellen. Im Rahmen dieser Anhörung ist eine Informationsbroschüre zu veröffentlichen. Weiters muss ein Vorhabenträger bzw. allenfalls die nationale Behörde eine Website mit relevanten Informationen über das Vorhaben von gemeinsamem Interesse erstellen.