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E-Control: 2023 als herausforderndes Jahr für Konsument:innen

Vertrauen in den Markt weiter stärken – Preisgestaltung bleibt schwierig – Ein Jahr nach den zehn Forderungen: kleine Erfolge, aber noch Luft nach oben – ElWG kann weitere Verbesserungen bringen. 

 

Aktuelle Konsumententhemen und der neue Konsumentenschutzbericht (0,4 MB)

  • Pressemappe zum Energie Round Table vom 1. Februar 2024

Wien (1. Februar 2024) – Nach der Achterbahnfahrt während der Energiekrise – ausgelöst nicht zuletzt aufgrund des Angriffskriegs Russland auf die Ukraine – haben sich die Strom- und Gasmärkte im Laufe des Jahres 2023 wieder etwas beruhigt. „Trotzdem sind viele Konsument:innen nach wie vor verunsichert. Viele haben auch im vergangenen Jahr noch die deutlich höheren Strom- und Gaspreise gespürt und konnten, aufgrund von aufrechten Vertragsverhältnissen auch nicht den Lieferanten wechseln und so das Geldbörserl entlasten.“, erläutert der Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch. Und er betont: „Diese Situation hat dazu geführt, dass das Bedürfnis nach unabhängiger Information und Beratung auch 2023 ungebrochen groß gewesen ist. Die Menschen sind hier nach wie vor auf Hilfe angewiesen.“

Vertrauen in den Markt wieder stärken

Die E-Control steht den Konsument:innen als unabhängige Anlaufstelle für alle Fragen zu Strom und Gas zur Verfügung. „Und die Wichtigkeit dessen hat enorm an Bedeutung gewonnen. Für Konsument:innen wird es immer herausfordernder, in einem komplexer werdenden Markt den Überblick zu bewahren und Entscheidungen zu treffen, die als positiv wahrgenommen werden. Ein gutes Kundenservice – und ich nehme hier dezidiert alle Strom- und Gasunternehmen in die Pflicht – ist daher unerlässlich. Verständliche und übersichtliche Kundenschreiben, Erreichbarkeit und rasche Antworten auf die vielen Fragen, die es nach wie vor gibt, sollten eigentlich selbstverständlich sein. Nur so kann es gelingen, das Vertrauen der Konsument:innen in die Strom- und Gasmärkte wieder zu stärken.“, betont Wolfgang Urbantschitsch.

Anfrageaufkommen bei der E-Control höher als je zuvor

Die Beratungsstelle der E-Control hatte 2023 mehr Anfragen als je zuvor zu bewältigen. So wurden rund 42.700 Anfragen und Beschwerden (das ist ein Plus von 29% gegenüber 2022) verzeichnet. Die Schlichtungsstelle hatte 2.480 Anträge auf Streitschlichtung zu bearbeiten (das ist ein Plus von 35%). Der Tarifkalkulator, seit jeher das meistgenutzte Tool auf der Website der E-Control, verzeichnete ebenfalls eine dramatische Zunahme im Vergleich zum bereits extrem starken Jahr 2022, nämlich von rund einer Million Besuche im Jahr 2022 auf rund zwei Millionen im Jahr 2023. Die Homepage der E-Control dient weiterhin als zentrale Informationsquelle. Hier ist die Zahl der Besuche mit etwas über 3,1 Millionen Besuchen in etwa auf dem Niveau des Vorjahres geblieben.

Auch über die Social Media Kanäle wurde im vergangenen Jahr stärker von Verbraucher:innen mit der Behörde kommuniziert. So stieg beispielsweise die Zahl der Interaktionen auf Facebook um 66% von rund 120.000 im Jahr 2022 auf über 200.000 im Jahr 2023.

Themen sind gekommen, um zu bleiben

Unklarheiten bezüglich Preisänderungsmöglichkeiten, Kündigungen durch Strom- Lieferanten oder Berufungen auf die Grundversorgung waren Themen, die die Konsument:innen im vergangenen Jahr besonders bewegt haben. Einige – auch große – Strom- Lieferanten haben ihren oftmals langjährigen Kund:innen Verträge gekündigt und/oder gleichzeitig Alternativen dazu angeboten, die sich viel dynamischer in der Energiepreisgestaltung erwiesen als bisher. „Kompliziertere Preismodelle, also zum Beispiel mit regelmäßigen Preisanpassungen anhand eines ausgesuchten Index in neuen Strom- und Gasprodukten, führten wiederum vermehrt zu Unsicherheit bei den Konsument:innen. Eine umfassende Beratung durch die E-Control war daher mehr gefragt denn je.“, verweist Wolfgang Urbantschitsch auf die Zahlen aus der Beratungs- und Schlichtungsstelle.

Preisgestaltung nicht immer klar

Viele Konsument:innen haben im Jahr 2023 häufig das erste Mal die seit dem Jahr 2022 massiv gestiegenen Energiepreise bewusst, sprich finanziell, wahrgenommen, da diese auf den Jahresabrechnungen erstmals sichtbar wurden. Hohe Nachforderungen und in weiterer Folge deutlich höhere Teilbetragsvorschriften für das neue Abrechnungsjahr stellten viele Kund:innen vor große Herausforderungen. Besonders schwierig war zudem, dass etliche Energielieferanten ihre allgemeinen Vertragsbedingungen geändert haben, um Preisänderungen überhaupt durchsetzen zu können. Das hat dazu geführt, dass Konsument:innen sehr häufig nicht bewusst war, welche Vereinbarungen nun tatsächlich getroffen wurden und welche Auswirkungen dies für sie haben wird. Eine Situation, die für die Kolleg:innen an der Beratungsstelle sehr fordernd gewesen ist, da Hilfe hier nicht immer einfach zu leisten war.“, erzählt Wolfgang Urbantschitsch aus der täglichen Arbeit der Beratungsstelle. Und er erläutert dazu weiter: „Preisänderungsklauseln sind seit einigen Jahren Gegenstand von Gerichtsverfahren und entsprechenden Diskussionen in der Branche. Vieles ist hier nach wie vor unklar. Verbesserungen erhoffen wir uns mit der Umsetzung des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes. Wie das Thema auch den Konsument:innen unter den Nägeln brennt, zeigen die Zahlen bei unserer Beratungsstelle – wir hatten dazu im Jahr 2023 mehr als 8.000 Anfragen.“

Grundversorgung wurde zum Leben erweckt

Bereits seit vielen Jahren gibt es in Österreich das Recht für Kund:innen, sich gegenüber ihrem Strom-Lieferanten bzw Gas-Versorger auf die Grundversorgung zu berufen. Das bedeutet, dass die Unternehmen Betroffene dann weiter zu Preisen beliefern müssen, die nicht höher sein dürfen als jene, zu dem die größte Anzahl der Kund:innen dieser Kundengruppe von den Energieunternehmen bereits beliefert werden. „Das Instrument der Grundversorgung gibt es ja bereits seit vielen Jahren, ist aber in all den Jahren nur selten zum Einsatz gekommen. Das hat sich, beginnend mit Ende 2022, gravierend geändert und im Frühjahr 2023 einen Höhepunkt erreicht. Da haben wir rund 16.000 Kund:innen in der Strom- und 1.600 Kund:innen in der Gas-Grundversorgung gesehen.“, erläutert Wolfgang Urbantschitsch. Konsument:innen haben sich in Zeiten der Energiekrise aufgrund von Kündigungen durch die Unternehmen oder Preissteigerungen vermehrt auf die Grundversorgung berufen, da das Angebot am Markt teilweise reduziert war bzw. nur sehr teure Neukundenprodukte angeboten wurden.

Urbantschitsch gibt dazu zu bedenken: „Die ursprüngliche Idee der Grundversorgung war es ja, Menschen mit Zahlungsschwierigkeiten oder schlechter Bonität mit einem normalen oder durchschnittlichen Vertrag versorgen zu können. Das wurde 2022 bzw. auch noch 2023 aber von viel mehr Kund:innen genutzt als je zuvor.“ Unternehmen haben vor diesem Hintergrund die Voraussetzungen für die Grundversorgung immer wieder unterschiedlich interpretiert – zum Beispiel eine soziale Bedürftigkeit vorausgesetzt, oder ihren Allgemeinen Tarif der Grundversorgung an Neukundenpreisen orientiert, was gesetzlich so nicht vorgesehen war. Das hat schlussendlich dazu geführt, dass die gesetzlichen Vorschriften für die Grundversorgung derzeit vom Verfassungsgerichtshof geprüft werden. Eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshof kann wohl im Jahr 2024 erwartet werden. „Im neuen ElWG, das derzeit in Begutachtung ist, sind noch keine gravierenden Änderungen beim System der Grundversorgung vorgeschlagen. Vertiefte Diskussionen und entsprechende Arbeitsgruppen sind hierzu aber bereits vorgesehen.“, so Urbantschitsch.

 

Die zehn Forderungen und ihre Folgen

Um Verbesserungen für die Konsument:innen zu erreichen, hat die E-Control im Frühjahr 2023 zehn Forderungen aufgestellt, die von Informationsverpflichtungen über einen Abschaltverzicht bei Härtefällen bis zur Verbesserung der Erreichbarkeit und professionellerer Kommunikation gereicht haben. „Es ist jetzt ein Jahr her, dass wir diese Forderungen aufgestellt haben und deshalb ein guter Zeitpunkt für uns, um erste Bilanz dazu zu ziehen.“, so Wolfgang Urbantschitsch.

Und er zeigt sich erfreut darüber, dass sich in dem Jahr doch auch etwas zum Besseren für die Konsument:innen entwickelt hat. „Wir sprechen hier von unternommenen Anstrengungen, um die Kundenkommunikation sowie die Erreichbarkeit zu verbessern, was zum Teil gut gelungen ist.“, so Urbantschitsch.

Basierend auf den veröffentlichten Forderungen hat die E-Control zahlreiche weitere Untersuchungen angestellt. So wurde beispielsweise ein Fragebogen an die 20 größten Strom-Lieferanten und Gas-Versorger ausgesendet, um unter anderem Öffnungs- und Wartezeiten von Kundenservicezentren, die Bereitstellung von Informationen zu Preisanpassungen und Vertragsänderungen sowie Unterstützungsmaßnahmen für schützenswerte Kundengruppen abzufragen. „Die Ergebnisse, die uns von den Unternehmen geliefert wurden, haben uns doch einigermaßen überrascht. Diese widersprechen nämlich klar den Erfahrungen unserer Beratungsstelle sowie auch der öffentlichen Meinung in den Medien.“, wundert sich Urbantschitsch. Und gibt dafür auch gleich ein Beispiel: „Während die Anzahl an Kundenbeschwerden zu zeitverzögert ausgestellten Rechnungen bei unserer Beratungsstelle stark angestiegen war, gaben die Unternehmen an, diese mehrheitlich rechtzeitig ausgestellt zu haben.“

Gute Kommunikation mit Kund:innen ist die Basis für Vertrauen

Eine weitere, sehr breite Untersuchung, wurde zur Servicequalität der Unternehmen durchgeführt. Hier wurden einerseits eine Reihe von Musterschreiben, die für die Kommunikation mit Kund:innen genutzt wurden, untersucht und andererseits die Art der Zählerstandermittlung bei Jahres- und Endabrechnungen analysiert. Zusätzlich wurden Websites und Online-Kundenportale der Unternehmen nach der leichten Auffindbarkeit und Zugänglichkeit von wichtigen Informationen sowie Kontaktdaten untersucht. Für die Prüfung der Musterschreiben wurden unterschiedlichste Rechnungen sowie die verschiedenen Verbrauchs- und Stromkosteninformationen herangezogen. „Dabei hat sich gezeigt, dass vor allem die unterschiedliche Implementierung der Verbrauchs- und Stromkosteninformation klar verbesserungswürdig war. Andererseits gab es hier auch – einige wenige – Unternehmen, die dabei sehr professionell agiert und die Informationen für ihre Kund:innen klar verständlich und einfach dargestellt haben. Beim Großteil der untersuchten Unternehmen haben wir allerdings noch deutliches Verbesserungspotenzial gesehen bzw. wurden Informationen zum Teil einfach gar nicht umgesetzt.“, bedauert Urbantschitsch. Und er weist auf noch fehlende Digitalisierung in der Energiebranche hin. „Hier sehen wir großen Aufholbedarf, um den Kund:innen die Kommunikation mit den Unternehmen zu erleichtern.“

Ermittlung der Zählerstände hat verblüffende Ergebnisse gebracht

Viele Beschwerden in der Beratungsstelle der E-Control beziehen sich darauf, wie die Zählerstände bei den Kund:innen ermittelt wurden. „Rechnerisch ermittelte Zählerstände, also Zählerstände, die auf geschätzten Verbräuchen fußen, sollten eigentlich der Ausnahmefall sein. Speziell bei Endabrechnungen haben wir allerdings gesehen, dass dies eher die Regel denn die Ausnahme darstellt, vor allem bei Gas.“, kritisiert Urbantschitsch. Laut den Daten, die die geprüften größten Verteilernetzbetreiber an die E-Control übermittelt haben, basierte in drei Gas-Verteilernetzgebieten sogar der Großteil der Endabrechnungen im abgefragten Zeitraum auf rechnerisch ermittelten Verbrauchswerten. In den restlichen Netzgebieten lag der Fokus bei Endabrechnungen für Gas auf der Selbstablesung durch Kund:innen. Nur in einem Netzgebiet wurde hauptsächlich vor Ort abgelesen.

Die Abfrage zeigte schließlich auch noch, dass der Anteil an genutzten Monatsrechnungen bei den angefragten Unternehmen sehr unterschiedlich ausgeprägt war, in Summe aber die Zahl an Monatsrechnungen selbst bei Strom noch gering ausfiel. Genau so wenig scheinen Kund:innen von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, unterjährig Zählerstände bekannt geben zu können, was insbesondere ohne Smart Meter und daher im Gasbereich Verbräuche – und damit Kosten – klarer abgrenzen lassen würde. „Besonders bei Gas wäre es daher begrüßenswert, wenn Netzbetreiber und Gasversorger auf diese Möglichkeiten hinweisen würden, um für genauere Abrechnungen und damit höhere Kundenzufriedenheit und somit auch Vertrauen zu sorgen.“, ist Urbantschitsch überzeugt.

 

Weitere Verbesserungen sind dringend notwendig

Bei Auffälligkeiten, die im Rahmen der Untersuchungen von der E-Control festgestellt wurden, wurden Informationsschreiben an die Unternehmen ausgesendet und über die rechtlichen Anforderungen aufgeklärt. „Das betraf insbesondere Schreiben zur Verbrauchs- und Stromkosteninformation sowie zur letzten Mahnung. Generell wurden im vergangenen Jahr, wie erwähnt, von den meisten der geprüften Unternehmen Schritte gesetzt, um für die Konsument:innen Verbesserungen zu erzielen. Nichtsdestotrotz bleiben etliche Forderungen bestehen, die es noch umzusetzen gilt.“, betont Urbantschitsch. Dazu zählen:

  • Abrechnungen müssen auf Basis tatsächlicher Verbrauchswerte erstellt werden. Dies gilt auch für unterjährige Abgrenzungen – zum Beispiel im Zusammenhang mit Preisänderungen. Wenn keine abgelesenen Werte vorliegen, müssen Netzbetreiber aktiv werden, um diese zu erhalten, unter anderem durch verstärkte Aufforderung der Kund:innen, die Zähler selbst abzulesen. Auch vorhandene Smart Meter-Daten sollten hier auf jeden Fall Verwendung finden.
  • Eine Ablesung muss zumindest einmal jährlich erfolgen, sei dies durch den Netzbetreiber oder durch die Kund:innen.
  • Informationen sind einfach und leicht zugänglich auf der Website zur Verfügung zu stellen. Kontaktdaten und Hilfe für schutzbedürftige Kund:innen müssen niederschwellig dargestellt werden.
  • Kundenschreiben sollten sämtliche notwendigen Informationen enthalten. Bei Preisänderungen umfasst dies den bisherigen und den neuen Preis. Hauptaugenmerk ist auf die Handlungsmöglichkeiten der Kund:innen zu legen: was ist zu tun und welche Konsequenzen knüpfen daran an.
  • Kundenportale sind gerade bei Smart Meter-Kund:innen ein wichtiges Informationstool. Neben Verbrauchswerten sind aber besonders die essenziellen Vertragsdaten leicht auffindbar darzustellen: der derzeitige Energiepreis, die Höhe des Teilbetrages, eine Information über etwaige Rabatte und Bindefristen sowie die Art und Weise, wie bei dem vereinbarten Preismodell eine Preisänderung durchgeführt werden könnte.
  • Monatsrechnungen sind nach wie vor kaum üblich. Gerade Kund:innen mit einem Smart Meter sollte diese Möglichkeit aktiv angeboten und über die Chancen und Risiken informiert werden. Zudem ist gerade in Zeiten hoher Energiepreise offensichtlich, dass monatliche Informationen über den Verbrauch sowie die damit verbundenen Kosten sehr wichtig sind. Hier gibt es erheblichen Verbesserungsbedarf.
  • Die Zählerablesung während des Jahres, gerade im Gasbereich, durch Kund:innen sollte forciert werden. Rechnungen sind dadurch genauer, es entsteht mehr Bewusstsein hinsichtlich des eigenen Energieverbrauchs und schützt vor hohen Nachzahlungen.

„Das sind einige der wichtigsten Forderungen, die dazu beitragen können, das Vertrauen der Konsument:innen in die Strom- und Gasmärkte wieder zu stärken und auszubauen. Das ElWG, das derzeit in Begutachtung ist, wird in einigen Punkten Verbesserungen mit sich bringen. Die E-Control wird aber auf jeden Fall auch weiter am Thema dranbleiben und sich in geraumer Zeit wieder anschauen, ob es positive Schritte gegeben hat und wie diese rascher und im Sinne der Konsument:innen gesetzt werden können.“, so Urbantschitsch. Und abschließend richtet er noch einen Appell an die Stromunternehmen: „Die Strompreisbremse ändert sich ja Mitte des Jahres von der Höhe her. Es gibt aber vereinzelt noch bei einigen Unternehmen Kund:innen, die einen Preis von mehr als 25 Cent/kWh bezahlen. Es wäre im Sinne der Konsument:innen geboten, wenn die Unternehmen auf diese Kund:innen aktiv zugehen und von sich aus ein günstigeres Produkt anbieten.“