Transformation (Erneuerbare und Infrastruktur)

Die Energiewende erfordert einen Umbau unseres Energiesystems im konventionellen Sinn, der Anteil erneuerbarer Energien muss also gesteigert werden und die notwendige Netzinfrastruktur zur Verteilung dieser Energie muss geschaffen werden. Die zentralen Zielsetzungen zu diesem Bereich finden sich im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), das vorsieht, den Gesamtstromverbrauch Österreichs ab 2030 bilanziell zu 100% aus erneuerbaren Quellen zu decken.

Weitere Ziele aus dem EAG beziehen sich auf den erforderlichen Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung und auf den verstärkten Einsatz von national produziertem erneuerbarem Gas. Zu erwähnen ist insbesondere der PV-Boom, der erheblich zur Zielerreichung beiträgt.

Auf EU-Ebene finden sich ebenfalls Ziele für den Anteil erneuerbarer Energiequellen, für die Reduktion der Treibhausgasemissionen und für die Energieeffizienz. Letztere findet sich auch im österreichischen Energieeffizienzgesetz, für das die E-Control seit Mitte 2023 als Monitoringstelle fungiert.

Ein weiteres EU-Ziel, das auch in der österreichischen Gesetzgebung Niederschlag findet, ist die Installation intelligenter Messgeräte. Diese ist in Österreich Ende 2024 bereits sehr weit fortgeschritten.

Über die Erzeugung hinaus muss auch der entsprechende Ausbau der Stromnetze gewährleistet sein. Die Gasnetze sind in dieser Phase der Energiewende punktuell zu verstärken und ihre effiziente zukünftige Nutzung für den Transport von Wasserstoff ist sicherzustellen. Ein Wasserstoffnetz muss erst gänzlich aufgebaut werden. Gleichzeitig ist es notwendig, die Gasnetze in Hinblick auf die rückläufige Gasnachfrage zu redimensionieren und damit auch Kosten einzusparen.

Die Planungen zur Erreichung dieser Ziele erfolgen geographisch und sektoriell über diverse Planungsinstrumente. Es sind dies der Zehnjahresnetzentwicklungsplan für Strom und für Gas auf europäischer Ebene, der Netzentwicklungsplan für Strom und der koordinierte Netzentwicklungsplan für Gas für die Übertragungs- bzw. Fernleitungsebene in Österreich, die Verteilernetzentwicklungspläne für Strom und die langfristige und integrierte Planung für Gas auf der Verteilerebene in Österreich und der sektorübergreifende Ansatz des integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplans. Die Übereinstimmung zwischen all diesen Planungsinstrumenten sicherzustellen, ist eine erhebliche Herausforderung. Zugleich müssen sie auch weiterentwickelt werden, um den Anforderungen eines zukunftssicheren Energiesystems gerecht zu werden.

Aufbauend auf einem vollständigen Datenset für das Berichtsjahr 2023 beleuchtet der EAG-Monitoringbericht 2024 der E-Control die Erreichung der unterschiedlichen Ziele des EAG und damit auch die Erreichung des Zieles, den Gesamtstromverbrauch ab dem Jahr 2030 bilanziell zu 100% aus erneuerbaren Quellen (RES) zu decken. Diesem Ziel kam Österreich im Jahr 2023 mit einem Deckungsgrad von 92% bereits sehr nahe.
Gesamte Versorgung in Österreich - Aufbringung elektrischer Energie
Quelle: E-Control. Stand: Mai 2024
Gesamte Versorgung in Österreich - Aufbringung elektrischer Energie
Entwicklung der Aufbringung elektrischer Energie in Österreich seit 1920, als Flächendiagramm. Die Erzeugung aus Wärme, Wasser und anderen Erneuerbaren ist ersichtlich, ebenso wie Importe und Exporte. Dem ist der Inlandsstromverbrauch ohne Pumpspeicherung gegenübergestellt.
Quelle: E-Control. Stand: Mai 2024
Die Erreichung des 100%-RES-Ziels hängt von zwei Faktoren ab. Auf der einen Seite steht der inländische Stromverbrauch, demgegenüber steht die inländische Stromerzeugung. Beide Faktoren unterliegen Schwankungen. Der Stromverbrauch (ohne den Verbrauch für die Pumpspeicherung) lag 2023 bei 67.674 GWh, was einen deutlichen Rückgang gegenüber 2022 darstellte und Österreich dem 100%-RES-Ziel ein Stück näherbrachte. Die erneuerbare Stromerzeugung im Inland bestand 2023 aus 44.505 GWh Wasserkraft, 4.484 GWh Strom aus Biogenen und sonstigen biogenen Brennstoffen und 13.224 GWh Strom aus anderweitigen erneuerbaren Energiequellen. Diese insgesamt 62.213 GWh erneuerbarer Erzeugung waren auf struktureller Seite dem Ausbau der Erzeugungskapazitäten geschuldet. Insbesondere die Photovoltaik-Erzeugungskapazitäten stiegen um 69,7% an. Zudem führte ein besonders gutes Wasser- und Winddargebot zu Ertragssteigerungen im 10%-Bereich.
Diese und weitere Ergebnisse des EAG-Monitorings für das Jahr 2023 wurden im Oktober 2024 in einem Webinar vorgestellt und erläutert.

Neben dem Ziel, 100% des österreichischen Stromverbrauchs ab 2030 bilanziell durch erneuerbare Energien zu decken, enthält das EAG noch eine Reihe weiterer Vorgaben, die als Sub-Ziele gewertet werden können. Dazu zählen Erzeugungsziele für die einzelnen Technologien, die laut EAG im Jahr 2030 insgesamt zu einer zusätzlichen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von 27 TWh führen sollen. Legt man diese linear auf die Jahre von 2021 bis 2030 um, so erhält man Ziel-Erzeugungswerte für jedes Jahr und jede Technologie. Für das Jahr 2023 ist festzustellen, dass nur die Photovoltaik-Vorgaben erfüllt wurden. Die Erzeugungsziele für die anderen Technologien wurden trotz des guten Wind- und Wasserjahrs 2023 nicht erreicht.

Zur Ausblendung von wetterbedingter Mehr- oder Mindererzeugung können die Erzeugungs- auf Ausbauziele übertragen und dann ebenfalls linear auf die einzelnen Jahre verteilt werden. Auch bei dieser Betrachtungsweise zeigt sich, dass die Ziele nur im Bereich der Photovoltaik erreicht wurden. Der PV-Boom war 2023 sogar so stark, dass er den geringeren Ausbau der anderen Technologien kompensieren konnte, sodass sich insgesamt ein EAG-konformer Ausbau erneuerbarer Stromerzeugungskapazitäten ergab.

Soll-Ist-Vergleich EAG Hochrechnung 2023
Quelle: E-Control. Stand: Februar 2024
Soll-Ist-Vergleich EAG Hochrechnung 2023
Erzeugungsziele aus dem EAG für die einzelnen Technologien in linearer Verteilung von 2021 bis 2030 als Balkendiagramm. Demgegenüber steht die tatsächliche Erzeugung in den Jahren 2021 bis 2023.
Quelle: E-Control. Stand: Februar 2024
Soll-Ist-Vergleich EAG Hochrechnung 2023 - Umrechnung auf Leistung
Quelle: E-Control. Stand: Februar 2024
Soll-Ist-Vergleich EAG Hochrechnung 2023 - Umrechnung auf Leistung
Umrechnung der Erzeugungsziele aus dem EAG für die einzelnen Technologien auf Ausbauziele, in linearer Verteilung von 2021 bis 2030 als Balkendiagramm. Demgegenüber steht der tatsächliche Ausbau in den Jahren 2021 bis 2023.
Quelle: E-Control. Stand: Februar 2024

Das EAG enthält außerdem das Ziel, ab 2030 jährlich mindestens 5 TWh national produziertes erneuerbares Gas zu verbrauchen. Dabei geht es nur um Gas, das über das öffentliche Netz zur Verbrauchsstelle gelangt, d.h. direkt am Standort der Erzeugung verbrauchtes, etwa zur Stromerzeugung eingesetztes erneuerbares Gas bleibt außen vor. In Bezug auf dieses Ziel gab es 2023 keine Bewegung. Die Menge an in Österreich produziertem erneuerbarem Gas blieb konstant bei 0,12 TWh.

Auf EU-Ebene gibt es Ziele für den Anteil erneuerbarer Energiequellen am Gesamtenergiemix. Die jüngste Vorgabe in diesem Bereich ist in der überarbeiteten EU-Richtlinie 2023/2413 über erneuerbare Energien festgelegt. Sie hebt das verbindliche Ziel der EU für erneuerbare Energien für 2030 auf mindestens 42,5% an, mit dem Bestreben, 45% zu erreichen. Daten der EU-Kommission aus dem Jahr 2022 zeigen einen Anteil von 18% erneuerbarer Energiequellen im Gesamtenergiemix der EU, also deutlich unter den definierten Zielsetzungen.

Mit dem EU-Klimagesetz, das in Einklang mit den Zielen der Klimakonferenz in Paris 2015 steht, hob die EU ihr Langfristziel für 2050 an. Anstelle einer Reduktion von 80% bis 95% werden nun netto-Null Treibhausgas-Emissionen (Klimaneutralität) sowie ab 2050 negative Emissionen angestrebt. Ein Prozess zur Festlegung eines 2040-Ziels wurde auf den Weg gebracht. Bis zu dieser Festlegung gilt allerdings noch das bisherige EU-Ziel einer 55%igen Reduktion bis 2030.

Die überarbeitete und im September 2023 veröffentlichte EU-Energieeffizienzrichtlinie 2023/1791 sieht nun ein verbindliches Ziel vor, den Endenergieverbrauch der EU bis 2030 um 11,7% zu senken, verglichen mit dem prognostizierten Endenergieverbrauch für 2030. Das österreichische Energieeffizienzgesetz sieht vor, dass der Endenergieverbrauch im Jahr 2030 insgesamt maximal 920 PJ betragen soll. Außerdem enthält das Gesetz ein kumulatives Endenergie-Einsparziel von 650 PJ für den Zeitraum von 2021 bis 2030. Die Überwachung der Zielerreichung obliegt seit Mitte 2023 der E-Control als Monitoringstelle für Energieeffizienz. (Die weiteren Aufgaben der Energieeffizienz-Monitoringstelle bei der E-Control sind in Kapitel 10 im gesamten Bericht erläutert.)

Ein weiterer Bereich, in dem sich die EU-Staaten Ziele gesetzt haben, ist die europaweite Einführung von intelligenten Messgeräten. Die EU-Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie 2009/72/EG schuf die Basis für die aktive Beteiligung von Endkund:innen am Strommarkt. Bis Ende 2020 hätten 80% der Stromzähler in der EU durch Smart Meter ersetzt werden sollen. Mehr als die Hälfte der EU-Mitgliedstaaten erreichten dieses Ziel jedoch nicht, darunter zu diesem Zeitpunkt auch Österreich. Aufgrund der schleppend vorangehenden Einführung wurde auf EU-Ebene beschlossen, die Frist für die Erreichung eines Ausrollungsziels von mindestens 80% der relevanten Zählpunkte von 2020 auf 2024 zu verschieben.

Die Intelligente Messgeräte-Einführungsverordnung in Österreich sieht ein noch ambitionierteres Ziel vor. Bis Ende 2024 war bei 95% der Verbraucher:innen, deren Verbrauch nicht ohnehin schon durch einen Lastprofilzähler erfasst wird, ein intelligentes Messgerät zu installieren. Der Erfüllungsgrad dieses Ziels lag Ende 2023 im Österreichschnitt bei 82,45%, womit die EU-Vorgabe bereits ein Jahr vor der Frist erreicht werden konnte. Für 2024 lagen zum Redaktionsschluss des Berichts zwar noch keine abschließenden Zahlen vor, doch die Pläne der Netzbetreiber zeigen einen Ausrollungsgrad von über 97% zu diesem Zeitpunkt. Es kann also davon ausgegangen werden, dass auch das österreichische Ziel von 95% im Schnitt erreicht ist. Nähere Zahlen und Details hierzu finden sich im jährlichen Smart-Meter-Monitoringbericht der E-Control.

Die Planung und der Ausbau der Netzinfrastruktur stehen im Zeichen der Energiesystemwende. Die Ausbauplanung im Strom erfolgt über den Netzentwicklungsplan in Österreich, den Zehnjahresnetzentwicklungsplan auf europäischer Ebene und den integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplan für die Übereinstimmung mit dem Gasbereich. Darüber hinaus werden Verteilernetze auf Basis der Verteilernetzentwicklungspläne vorausschauend weiterentwickelt. Zwei Besonderheiten des Strom-Verteilernetzes stellen die Ausrollung und Nutzung von intelligenten Messgeräten einerseits und der Netzanschluss von Photovoltaikanlagen auf der Niederspannungsebene andererseits dar.

Das Ziel, im Jahr 2030 100% des Stromverbrauchs bilanziell aus erneuerbaren Energieträgern zu decken, löst eine deutliche Steigerung der Einspeisung aus erneuerbaren Energieträgern in Verteilernetze aus. Dadurch ändern sich auch die Anforderungen an die Infrastruktur und die Energieflüsse zwischen Übertragungs- und Verteilernetzen. Im Hinblick auf die Energiesystemwende ebenso von besonderer Bedeutung ist die Weiterentwicklung der Verteilernetze, also ihr Ausbau und ihre Flexibilisierung. Um volatilen und meist dezentralen Strom aus erneuerbaren Energieträgern zu integrieren, dabei aber eine sichere und leistbare Energieversorgung zu gewährleisten, muss die Infrastruktur zur Verteilung und zur Übertragung der Energie zum richtigen Zeitpunkt bereitstehen. Dafür muss die existierende Infrastruktur laufend evaluiert und gegebenenfalls bedarfsgerecht erweitert und ausgebaut werden. Netzentwicklungsmaßnahmen für das Übertragungsnetz ergeben sich dann aus dem Status des Bestands, der erwarteten Entwicklung von Erzeugung und Last und aus dem Prinzip „Netzoptimierung vor -verstärkung und -ausbau“.

Die E-Control ist mit der Genehmigung und Überwachung des Netzentwicklungsplans der Übertragungsnetzbetreiber beauftragt. Der jüngste dieser Pläne wurde im Dezember 2023 genehmigt und ist nunmehr alle zwei Jahre zu erstellen. Die E-Control überprüft und evaluiert laufend die Umsetzung der Maßnahmen, die im Netzentwicklungsplan vorgesehen sind. Darüber hinaus wurde 2024 gemeinsam mit den Netzbetreibern bereits Anpassungsbedarf für den nächstjährigen Netzentwicklungsplan identifiziert, um Übereinstimmung mit dem integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplan herzustellen, der 2024 vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) veröffentlicht wurde. Außerdem wurde festgelegt, wie der nächstjährige Plan erarbeitet werden soll.

Die Erarbeitung des EU-weiten Zehnjahresnetzentwicklungsplans 2024 wurde seitens der europäischen Organisationen der Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) und der Fernleitungsnetzbetreiber (ENTSOG) durchgeführt. Die E-Control ist in diesem Zusammenhang sowohl über internationale Arbeitsgruppen in der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) als auch über die direkte nationale Bewertung der Ergebnisse involviert. Stromversorgungsprojekte von besonderem Interesse für die europäische Energieversorgungsinfrastruktur werden auf Basis der entsprechenden EU-Verordnung als Projekte von gemeinschaftlichem Interesse definiert. Die sechste Liste derartiger Projekte enthält acht Vorhaben auf österreichischem Staatsgebiet. Die E-Control ist in diesem Prozess Teil der regionalen Gruppen für Nord-Süd-Übertragungsleitungen in Westeuropa und in Zentral- und Südosteuropa und der Fokusgruppe zu Smart Grids. In diesem Rahmen führt die Behörde unter anderem die regulatorische Bewertung der Projektkandidaten durch.

Auf Verteilernetzebene stellen mangelnde Netzanschlusskapazitäten in zunehmendem Maße einen limitierenden Faktor für den raschen Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung dar. Darüber hinaus stiegen bei den Netzbetreibern zuletzt auch die Zahlen der Netzanschlussanträge für Speicher und neue Verbrauchsanlagen mit erheblichen Bezugsleistungen. Die Netzentwicklungspläne zeigen einen Anstieg der jährlichen Netzanschlüsse für Speicher um rund 350% bis 500% von 2021 bis 2023. Zudem zeigt sich ein Trend zu Speichern größerer Speicherkapazität.

Die Schaffung von Transparenz bei den vorhandenen Anschlusskapazitäten in Verteilernetzen sowie den geplanten Netzausbaumaßnahmen ist eine wesentliche Maßnahme, um Netzanschlusswerbern die Planung von Anlagenprojekten zu ermöglichen. Daher sollen Verteilernetzbetreiber künftig verpflichtet sein, alle zwei Jahre einen Netzentwicklungsplan zu erstellen, wobei der Entwurf für das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) vom Jänner 2024 eine Ausnahme für Netzbetreiber mit weniger als 50.000 Zählpunkten vorsieht.

Im Sinne einer Vereinheitlichung der Inhalte aller Netzentwicklungspläne für Verteilernetze hatte die E-Control bereits 2021 eine Abstimmung mit den Netzbetreibern initiiert. Nachdem Einigkeit über die Eckpunkte erzielt worden war, erarbeitete und veröffentlichte die E-Control einen Leitfaden für die Erstellung derartiger Pläne. Er beschreibt die inhaltlichen Anforderungen im Detail, zielt auf Vollständigkeit und ein einheitliches Erscheinungsbild ab und ermöglicht so eine Vergleichbarkeit zwischen Netzgebieten bzw. -betreibern.

Die Verteilernetzentwicklungspläne sollen Transparenz über Netzausbau- und verstärkungsmaßnahmen schaffen, die entweder bereits im Gange sind oder für die nächsten fünf bis zehn Jahre geplant sind. Diese Transparenz ist wichtig, insbesondere in Hinblick auf den Ausbau erneuerbarer Energien, da die Netzkapazitäten oft entscheidend für die Wahl der Engpassleistung, den Standort und die Priorisierung von Projekten sind. Zudem soll sichergestellt werden, dass die österreichische Strom-Infrastruktur auch auf Verteilernetzebene über ausreichende Kapazitäten verfügt, um die energie- und klimapolitischen Ziele erreichen zu können.

Weiters sollen die Pläne darlegen, wie Verteilernetzbetreiber Flexibilitätsleistungen als Ergänzung zum Netzausbau in ihre Planungen einbeziehen. Marktteilnehmer sollen so rechtzeitig und transparent über den künftigen Flexibilitätsbedarf informiert werden. Übergeordnetes Ziel dieser Maßnahmen ist ein kosteneffizienter und sicherer Netzbetrieb.

Die gesetzliche Veröffentlichungspflicht für diese Pläne soll im ElWG niedergelegt werden. Obwohl diese rechtliche Grundlage noch nicht beschlossen wurde, veröffentlichten die fünfzehn größten Verteilernetzbetreiber auf freiwilliger Basis im Oktober 2024 erstmals Verteilernetzentwicklungspläne auf Basis des Leitfadens der E-Control.

Umsetzung der Maßnahmen aus dem Aktionsplan Netzanschluss
Umsetzung der einzelnen Maßnahmen aus dem Aktionsplan Netzanschluss im Tabellenformat. 7 sind umgesetzt, 3 sind teilweise umgesetzt, 4 sind Gegenstand weiterer Gespräche oder Aktivitäten.
Quelle: E-Control; Stand: November 2024

Zur Bewältigung der Herausforderungen des enormen Interesses an der Errichtung von Photovoltaikanlagen hatte die E-Control 2023 im Rahmen des Aktionsplans Netzanschluss eine Reihe von Maßnahmen für eine raschere Umsetzung von Netzanschlüssen vorgesehen. Die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Aktionsplan Netzanschluss liegt sowohl bei der E-Control selbst als auch bei den Netzbetreibern und in der Zusammenarbeit aller Beteiligten. Die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Aktionsplan wird laufend verfolgt. Innerhalb eines Jahres konnten 10 von 14 Aktionen umgesetzt werden. Für die verbleibenden 4 Aktionen sind weitere Gespräche und Aktivitäten vorgesehen.

Für das Monitoring des Fortschritts der Digitalisierungsmaßnahmen und die Nutzung von Alternativen bei fehlender Netzkapazität sind geänderte gesetzliche Grundlagen erforderlich. Die Anpassung der lokalen Blindleistungsregelung wurde im Zuge der Überarbeitung der technischen und organisatorischen Regeln für Stromerzeugungsanlagen öffentlich konsultiert. Mit dem Aktionsplan Netzanschluss 2024 wurde der Status der im ursprünglichen Plan beschriebenen Aktionen und Maßnahmen erfasst und um neue Aktionen ergänzt.

Die positive Entwicklung bei der Umsetzung der Maßnahmen des Aktionsplans Netzanschluss spiegelt sich auch in den Erkenntnissen aus der Erhebung Netzanschluss wider. Die E-Control führt quartalsweise Erhebungen bei 16 großen Verteilernetzbetreibern durch, um den aktuellen Status und Fortschritt des Ausbaus und der Integration der erneuerbaren Stromerzeugungsanlagen zu erfassen. Diese 16 Betreiber decken über 85% der Zählpunkte ab. Da die überwiegende Mehrheit der Anträge für Photovoltaik-Anlagen gestellt wird, konzentriert sich auch die Erhebung besonders auf diese Anlagen.

Die für das dritte Quartal 2024 erhobenen Daten können als durchaus repräsentativ für das restliche Jahr erachtet werden. In diesem Quartal wurden 26.416 Anträge auf Netzanschluss von Photovoltaik-Anlagen gestellt. Davon bezogen sich 95,02% auf die Netzebene 7.

Die tatsächliche Inbetriebnahme der jeweiligen Anlagen erfolgt meist ein bis zwei Quartale nach dem Antrag. Die durchschnittliche Dauer für erstmalige Bearbeitung eines Netzanschlussantrags sank von noch 11 bis 15 Tagen im Jahr 2023 auf 5 bis 6 Tage 2024. Die Zahlen zeigen auch, dass die maximale Bearbeitungsdauer von bis zu 60 Tagen, die noch 2023 beobachtet wurde, mit dem zweiten Quartal 2024 auf 14 Tage sank und damit die vorgeschriebene Frist erreichte. Diese Verkürzungen sind auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, darunter zunehmende Digitalisierung, eine höhere Antragsqualität seitens der Netzbenutzer und einen höheren Ressourceneinsatz der Netzbetreiber, aber auch auf den Rückgang an Anträgen insgesamt.

Die quartalsweise Erhebung Netzanschluss umfasst außerdem elektrische Energiespeicher. Mit Ende des dritten Quartals 2024 betrug die Anzahl gemeldeter elektrischer Energiespeicher aus der Erhebung bei den 16 Verteilernetzbetreibern knapp 40.000. Gut drei Viertel davon befanden sich in der Größenklasse 10 kWh bis 50 kWh. Es dürfte sich hier großteils um Haushalte oder Kleinunternehmen handeln, die ihren selbst erzeugten Strom zwischenspeichern.

Durchschnittliche Bearbeitungsdauer für zugesagte PV-Anlagen bis 20kW
Quelle: E-Control. Stand: Q3 2024
Durchschnittliche Bearbeitungsdauer für zugesagte PV-Anlagen bis 20kW
Entwicklung der durchschnittlichen Bearbeitungsdauer für zugesagte PV-Anlagen bis 20kW seit 2022 als Liniendiagramm.
Quelle: E-Control. Stand: Q3 2024

Die vermehrte Integration erneuerbarer Energiequellen und eine damit verbundene erhöhte Volatilität der Erzeugung erfordern auch kosteneffiziente Regelungen zur Sicherstellung der Netzstabilität durch Vorhaltung notwendiger Kraftwerksreserven. Auf Basis der entsprechenden Regelungen im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) 2010 wurde 2024 in enger Abstimmung mit der E-Control eine Systemanalyse durch den Regelzonenführer APG durchgeführt. Der notwendige Netzreservebedarf für 2024 und 2025 wurde auf Basis der Systemanalyse 2023 beschafft. Die zugehörige Interessensbekundung und die allgemeinen Bedingungen für diese Beschaffung waren zwischen E-Control und APG abgestimmt. Nach Eingang der Gebote von teilnahmeberechtigten Unternehmen und einer Reihung anhand des gesetzlich vorgegebenen Kriteriums durch die APG genehmigte die E-Control die Auswahl.

Die E-Control ist bestrebt, eine breite Beteiligung von Erzeugern und Verbraucher:innen an der Beschaffung der Netzreserve durch den Regelzonenführer zu ermöglichen. Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben erstellt und veröffentlicht die E-Control zumindest alle zwei Jahre einen Bericht über die Situation am österreichischen Strommarkt in Bezug auf die Erbringung einer Netzreserveleistung. Gemeinsam mit dem BMK und dem Regelzonenführer wurde 2024 festgestellt, dass eine Netzreserve über das Jahr 2025 hinaus notwendig sein wird. Das erfordert eine erneute beihilfenrechtliche Notifizierung dieses Fördermechanismus. Im Zuge eines trilateral geführten nationalen Prozesses wurden mögliche Anpassungen des Mechanismus erarbeitet und einer öffentlichen Konsultation unterzogen. Außerdem wurden die Anpassungen mit der Europäischen Kommission in einem Notifizierungsverfahren erörtert und die Einreichung dafür vorbereitet.

Änderungen der Gasflüsse im Fernleitungsnetz

Seit 2022 sind die Gasflüsse im Marktgebiet Ost strukturellen Veränderungen unterworfen. Das Jahr 2023 war von einem Rückgang der Importe aus der Slowakei, einem Anstieg der Importe aus Deutschland sowie einem Rückgang der Exporte nach Italien geprägt gewesen. Im dritten Quartal 2023 waren sogar Mengen aus Italien importiert worden.

Dagegen zeigten sich 2024 gegenläufige Entwicklungen. Die Importe aus der Slowakei nahmen im Vergleich zum Vorjahr wieder zu. Gleichzeitig stiegen auch die Exporte nach Italien im ersten Quartal 2024 wieder an. Die Exporte nach Slowenien blieben relativ stabil. Die Exporte nach Ungarn waren schon im vierten Quartal 2023 deutlich zurückgegangen und sanken 2024 weiter auf marginale Mengen ab.

Besonderes Augenmerk verdient die Grenze zu Deutschland. Während vor allem im ersten Halbjahr 2023 noch erhebliche Mengen aus Deutschland importiert worden waren, war der Import über den Sommer 2023 schon schrittweise zurückgegangen. Im Jahr 2024 sanken die Importe aus Deutschland im Vergleich zum Vorjahr deutlich. Dieser starke Rückgang kann zwei Faktoren zugeschrieben werden. Einerseits war der Winter 2023/24 überdurchschnittlich mild, die Speicher waren am Ende der Heizperiode also noch gut gefüllt und der Gasbedarf zur Wiederbefüllung der Gasspeicher war geringer. Andererseits machte die Ende 2022 eingeführte und 2023 stark gestiegene deutsche Gasspeicherumlage Importe aus Deutschland weniger attraktiv. Gepaart mit hoher Verfügbarkeit russischer Gasmengen führte das dazu, dass Gasimporten über die Slowakei der Vorzug gegeben wurde und die Importmengen aus Deutschland drastisch zurückgingen.

Entwicklung der Gasflüsse in das Marktgebiet Ost
Quelle: AGGM Plattform, https://platform.aggm.at. Stand: Dezember 2024
Entwicklung der Gasflüsse in das Marktgebiet Ost
Entwicklung der Gasflüsse zwischen dem Marktgebiet Ost und Slowakei, Deutschland, Ungarn, Slowenien und Italien seit Jänner 2023 als Liniendiagramm.
Quelle: AGGM Plattform, https://platform.aggm.at. Stand: Dezember 2024

Die geänderten Gasflüsse seit 2022 machten Anpassungen des bestehenden Gasinfrastrukturnetzes notwendig. Die gestiegenen Importmengen aus Deutschland 2022/23 waren mit einer geringen Verfügbarkeit von freien Kapazitäten am Entry-Punkt Oberkappel zusammengefallen. Daher hatte der Netzbetreiber GCA das Projekt „WAG Teilloop“ zur Genehmigung im koordinierten Netzentwicklungsplan 2022 eingereicht. Es war im Mai 2023 als Umsetzungsprojekt von der E-Control genehmigt worden. Die fest zuordenbaren Kapazitäten am Entry-Punkt Oberkappel sollen durch das Projekt um 3,2 GWh/h bzw. 28,23 TWh/a erhöht werden. Für die Erhöhung der Transportkapazitäten sind keine Änderungen im vorgelagerten Netz der Netzbetreiber Bayernets und OGE notwendig. Die Umsetzung des Projekts ist bis Mitte 2027 vorgesehen. Um den Projektfortschritt zu verfolgen und Verzögerungen zu verhindern, führt die E-Control ein engmaschiges monatliches Monitoring durch.

Am Grenzübergabepunkt Arnoldstein stehen dank technischer Ertüchtigungen im italienischen Netz seit dem 1. Oktober 2024 circa 11 GWh/h Kapazität für den Import über Italien zur Verfügung. Es können damit bis zu 96 TWh pro Jahr über die südliche Route importiert werden. Die Kapazitäten für eine weitere Diversifizierung der Gasbezugsquellen wurden damit deutlich erhöht. Basierend auf weiteren Ausbauten im italienischen Fernleitungsnetz, auf circa 18 GWh/h im Jahr 2026, ist ein weiterer Ausbau der Kapazitäten in Gegenflussrichtung auf der TAG-Pipeline möglich.

In den Auktionen für Jahreskapazität, die am 1. Juli 2024 stattfanden, wurde vor allem an den Entry-Punkten von Deutschland (Oberkappel und Überackern) Kapazität vermarktet. Für das Gasjahr 2024/2025 überstieg die Nachfrage das Angebot, weshalb die Kapazität am Entry-Punkt Oberkappel mit einem Auktionsaufschlag vermarktet wurde. In Oberkappel wurden auch Kapazitäten für die folgenden Gasjahre vermarktet. Am Entry-Punkt aus Italien (Arnoldstein) wurde in der Auktion am 1. Juli 2024 keine Jahreskapazität vermarktet.

Am Exit-Punkt Murfeld wurde Kapazität in Höhe von 418.761 kWh/h für das Gasjahr 2024/2025 vermarktet. Darüber hinaus gab es nur geringe Kapazitätsvermarktungen am Exit-Punkt Baumgarten (70.000 kWh/h für das Gasjahr 2024/2025) und am Exit-Punkt Mosonmagyaróvár (20.000 kWh/h für das Gasjahr 2026/2027). Im August 2024 fanden dann die Auktionen für Quartalskapazitäten für die vier Quartale des Gasjahres 2024/25 statt. Am Entry-Punkt Oberkappel wurde dabei Kapazität für die Sommerquartale 2025 gebucht.

Angebot und Vermarktung von gebündelter Kapazität am Entry-Punkt Oberkappel in der Jahresauktion 2024
Quelle: Prisma-Plattform, https://app.prisma-capacity.eu; Stand: Juli 2024
Angebot und Vermarktung von gebündelter Kapazität am Entry-Punkt Oberkappel in der Jahresauktion 2024
Ergebnisse der Jahresauktion 2024 für gebündelte Kapazität am Entry-Punkt Oberkappel als Balkendiagramm für die Jahre 2024/2025 bis 2028/2029. Es werden Marketable Capacity, Marketed Capacity und Clearing Price dargestellt.
Quelle: Prisma-Plattform, https://app.prisma-capacity.eu; Stand: Juli 2024
Angebot und Vermarktung von gebündelter Kapazität am Entry-Punkt Oberkappel in der Quartalsaukation am 5.8.2024
Quelle: Prisma-Plattform, https://app.prisma-capacity.eu; Stand: August 2024
Angebot und Vermarktung von gebündelter Kapazität am Entry-Punkt Oberkappel in der Quartalsaukation am 5.8.2024
Ergebnisse der Quartalsauktion vom 5. August 2024 für gebündelte Kapazität am Entry-Punkt Oberkappel als Balkendiagramm für die Quartale Q4/2024 bis Q3/2025. Es werden Marketable Capacity, Marketed Capacity und Clearing Price dargestellt.
Quelle: Prisma-Plattform, https://app.prisma-capacity.eu; Stand: August 2024

Neben der Erweiterung der Importkapazitäten aus Deutschland und Italien konnte 2024 ein weiterer wesentlicher Schritt zur Steigerung der Versorgungssicherheit gesetzt werden. Der Speicher Haidach wurde nun auch an das Verteilernetz zur Ausspeicherung durch den Speicherbetreiber RAG angeschlossen. Die Anbindung an das österreichische Fernleitungsnetz war bereits 2022 erfolgt.

Rückgang der Transportmengen im Verteilernetz

Im Gasverteilernetz ist ein starker Verbrauchs- und damit Transportrückgang bemerkbar (siehe Abbildung 9). Lag die Abgabe an Endkund:innen 2021 noch bei 96.292 GWh, so sank sie 2022 auf 86.130 GWh und 2023 auf 75.638 GWh. Auch 2024 ist ein ähnliches Verbrauchsniveau zu erwarten. Dieser Rückgang ist einerseits den relativ milden Wintern 2022/23 und 2023/24 zu verdanken. Andererseits spielen auch die politischen Zielsetzungen zur Dekarbonisierung mit entsprechenden Förderprogrammen zum Umstieg auf alternative Heizsysteme eine Rolle. Auch der hohe Gaspreis in den letzten Jahren trug dazu bei, dass Gas effizienter und sparsamer eingesetzt oder durch einen anderen Energieträger ersetzt wird. Dies trifft auch auf große Gaskunden zu, die immer häufiger alternative Energieträger zum Betrieb ihrer Anlagen und für ihre Prozesse verwenden (z.B. Biomasse oder erneuerbaren Strom).

Inlandsgasverbrauch
Unerjährige Schwankung des Inlandsgasverbrauchs von Jänner 2021 bis Ende 2024 als Balkendiagramm. Die Abgabe an Gaskraftwerke, Abgabe an sonstige Endverbraucher und Netzverluste und Eigenbedarf sind dargestellt.
Quelle: E-Control. Stand: 1. November 2024
Erdgas in Österreich - Anzahl Zählpunkte je Verbraucherkategorie
Quelle: E-Control; Stand: Oktober 2024
Erdgas in Österreich - Anzahl Zählpunkte je Verbraucherkategorie
Rückgang der Anzahl der Gaszählpunkte für Nicht-Haushalte und Haushalte von 2019 bis 2023 als Balkendiagramm.
Quelle: E-Control; Stand: Oktober 2024

Die Anzahl der Zählpunkte in Österreich geht leicht, aber stetig zurück (siehe Abbildung 10). Dieser Trend begann bereits vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und wird sich wahrscheinlich auch noch weiter fortsetzen. Konkret sieht man einen durchschnittlichen Rückgang der Zählpunkte in der Kategorie der „Nicht-Haushalte“ (also Gewerbe und Industrie) um 2,0% pro Jahr von 2019 bis 2023. Das entspricht insgesamt 5.873 Zählpunkten. Im selben Zeitraum sank die Anzahl der Zählpunkte in der Kategorie „Haushalte“ um durchschnittlich 2,3% pro Jahr, insgesamt also um 84.126 Zählpunkte.

Der Rückgang der Zählpunkte erfordert eine Auseinandersetzung mit dem Thema Transformation der Verteilnetzinfrastruktur. Bisher erfolgt die Planung des Verteilernetzes implizit in der langfristigen und integrierten Planung. Der Verteilergebietsmanager berichtet jährlich über den aktuellen Umsetzungsstand der genehmigten Projekte. Bei unverhältnismäßigen Verzögerungen, Kostensteigerungen oder technischen Abänderungen der Projekte müssen entsprechende Änderungsanträge eingebracht werden. Das war 2024 mehrfach der Fall. Im Jänner begehrte die AGGM die Abänderung der langfristigen und integrierten Planung 2022 mit drei neuen Projekten und zwei Änderungen, im Oktober wurde ein weiterer Änderungsantrag aufgrund von Kostensteigerungen bei einer Ersatzinvestition eingebracht. Beide Anträge wurden 2024 bzw. Anfang 2025 von der E-Control genehmigt.

Für die Zukunft sieht das EU-Dekarbonisierungspaket unterschiedliche Instrumente vor, um die Dekarbonisierung des Gasmarktes voranzutreiben. Mit den Vorbereitungsarbeiten für die nationale Umsetzung der entsprechenden Richtlinie wurde bereits begonnen. Neu werden zum Beispiel Stilllegungsplanungen für Gasverteilernetzbetreiber eingeführt, wenn ein Rückgang der Gasnachfrage zu erwarten ist. Die konkrete rechtliche Ausgestaltung dieser Stilllegungsplanungen wird voraussichtlich in den nächsten Monaten erfolgen. Darüber hinaus wird mit der Umsetzung dieses Pakets auch der Rechtsrahmen für konkrete Investitionen in Wasserstoffinfrastruktur sowie Stilllegungen oder Umwidmungen nicht mehr benötigter Erdgasanlagen geschaffen werden.


Exkurs: Transformation am Beispiel der Wiener Netze

Für das Netzgebiet des größten Gasverteilernetzbetreibers Österreichs, die Wiener Netze GmbH, hat die Stadt Wien das Ziel „Raus aus Gas“ und damit die Stilllegung von 4.000 km Gasverteilerleitungen bis 2040 vorgesehen. Dies soll auch im Rahmen eines Klimaschutzgesetzes verankert werden. Der Wiener Wärmeplan 2040 (wien.gv.at/umwelt/waermeplan-2040) zeigt, welche alternative klimaneutrale Wärmeversorgung in den unterschiedlichen Gebieten möglich sein soll. Im Jahr 2023 wurden z. B. 10.000 Anschlüsse nicht mehr benötigt. Im Sommer 2024 wurde der erste Kilometer Verteilerleitung im Netzgebiet der Wiener Netze stillgelegt.


Die Integration erneuerbarer Gase wie Biogas und Wasserstoff spielt eine zentrale Rolle in der zukünftigen Energieversorgung Österreichs, da sie ein erhebliches Potenzial zur Reduktion von CO2-Emissionen und zur Diversifizierung des Energiemixes bieten. Das theoretisch-technische Potenzial für Biomethan aus nicht konkurrenzfähigen Rohstoffen (z.B. Stroh, Grünschnitt, Laub, Lebensmittelabfälle etc.) beträgt laut Umweltbundesamt etwa 14,5 TWh jährlich, davon realisierbar 10,7 TWh. Die höchsten Biomethanpotenziale liegen in den Bundesländern Steiermark, Oberösterreich und Niederösterreich.

Im Jahr 2023 wurden rund 0,134 TWh Biomethan aus 14 Biogasanlagen in das österreichische Gasnetz eingespeist. Die Qualitätsanforderungen für die Einspeisung von Biomethan in das Gasnetz werden durch die ÖVGW-Richtlinie G B220 definiert und erfordern einen Methangehalt von mindestens 96% sowie einen Brennwert von mindestens 10,7 kWh/Nm3. Biomethan wird meist in die Netzebenen 2 und 3 in das Gasnetz eingespeist. Aufgrund des Rückgangs des Gasbedarfs zu Heizzwecken während des Sommers kann es insbesondere bei einer Einspeisung auf Netzebene 3 zur Null-Abnahme für einige Stunden kommen, sodass eine weitere Einspeisung von Biomethan nicht möglich ist. Da die Biomethanproduktion kontinuierlich stattfindet und kurzfristig nicht regelbar ist, muss dieses Gas mittels Verdichter auf eine höhere Netzebene gebracht werden, um weiterhin abgenommen werden zu können. Diese Fahrweise, in der ein Verdichter nur wenige Stunden läuft, ist wirtschaftlich und technisch herausfordernd. Diese zusätzlichen Investitionskosten sowie operative Kosten für die Verdichtung des Gases werden die Systemnutzungsentgelte bei einer zukünftig stärkeren Einspeisung von Biogas erhöhen.

Theoretisch-technisches Biomethanpotenzial je Bundesland, in TWh/a
Burgenland 0,50
Kärnten 1,04
Niederösterreich 4,60
Oberösterreich 3,91
Salzburg 0,83
Steiermark 2,23
Tirol 0,86
Vorarlberg 0,32
Wien 0,17
Österreich 14,50
Quelle: ÖNIP 2024, Umweltbundesamt. Stand: 2023

Wasserstoff wird zurzeit nur als grauer Wasserstoff in der Industrie eingesetzt. Grüner Wasserstoff wird nur in geringen Mengen in das Gasnetz eingespeist. Aktuell dürfen laut ÖVGW-Richtlinie G B210 bis zu 10% Wasserstoff im Verteilnetz beigemischt werden.

Verbindliche Normen für die Umwidmung von Erdgasleitungen für den reinen Wasserstofftransport existieren in Österreich derzeit nicht. Daher wird häufig die amerikanische Norm ASME B31.12 herangezogen, die bestimmte Stahlsorten (z. B. Kohlenstoff- und legierten Stahl) als geeignet erachtet, wenn spezifische Festigkeits- und Bruchmechanik-Kriterien erfüllt sind. Zusätzlich stellen die Integration eines Wasserstoffnetzes sowie der Betrieb technischer Komponenten wie Verdichter, Speicher, Armaturen und Gas-Druckregelanlagen weitere Herausforderungen bzw. Kosten dar.

Transformation des Gasnetzes zum Wasserstoff

Auf europäischer Ebene findet die teilweise Transformation der Gasfernleitungsinfrastruktur in ein EU-Wasserstoffnetz Niederschlag im Zehnjahresnetzentwicklungsplan. Hier werden sowohl geplante Umwidmungen von Erdgasfernleitungsanlagen als auch Neubaumaßnahmen aufgelistet. Projekte im gemeinsamen Interesse der EU (PCIs) bekommen Zugang zu EU-Fördermöglichkeiten. Energieregulatoren haben dabei die Aufgabe, die Projekte zu bewerten. Für die österreichische Fernleitungsebene wurden hierfür, nach Genehmigung der E-Control im koordinierten Netzentwicklungsplan 2022 sowie nach Bewertung im Rahmen der PCI-Auswahl, zwei Projekte der Fernleitungsnetzbetreiber GCA und TAG ausgewählt.

Zusätzliche Anforderungen für Netzbetreiber

Für verbleibende Gasfern- und -verteilerleitungen ist die am 4. August 2024 in Kraft getretene EU-Verordnung 2024/1787 über die Verringerung der Methanemissionen im Energiesektor von Bedeutung. Sie wird den Betreibern von Gasinfrastruktur in der EU in den kommenden Jahren erhebliche Verpflichtungen auferlegen. Ziel ist es, die Methanemissionen in der Förderung, Verteilung und Verarbeitung fossiler Energieträger zu reduzieren und so unter anderem einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Die Verordnung enthält Verpflichtungen für die Betreiber zur Messung, Quantifizierung, Überwachung und Berichterstattung von Methanemissionen sowie zur Reduktion dieser Emissionen durch Erkennung und Reparatur. Zudem ist das Ausblasen und Abfackeln von Methan mit einzelnen Ausnahmen grundsätzlich verboten. Der Geltungsbereich der neuen Verordnung umfasst die Exploration und Förderung von Öl und Gas, die Verarbeitung fossiler Gase, inaktive und aktive Bohrlöcher, die Fernleitungen und die Verteilung von Erdgas, unterirdische Speicher, Anlagen für verflüssigtes Erdgas (LNG) und Kohlebergwerke.

In der EU fallen unterirdische Speicher, Fernleitungen, Verteilnetze und LNG-Anlagen unter die Verordnung. Wo Fern- und Verteilnetze betroffen sind, haben die Regulierungsbehörden die aufgrund der Maßnahmen anfallenden Kosten zu genehmigen. Um die Angemessenheit der Kosten beurteilen zu können, werden auf europäischer Ebene von ACER in Zusammenarbeit mit den nationalen Regulierungsbehörden bis 2027 Einheitskosten für die auferlegten Tätigkeiten der Betreiber ermittelt, auf die die nationalen Regulierungsbehörden bei ihrer Bewertung zurückgreifen können.

Grundlage für die Entwicklung des Wasserstoffmarktes in der EU und in Österreich sind die europäische und die österreichische Wasserstoffstrategie. Für Österreich ist die Zielvorgabe ein effizienter und fokussierter Einsatz von klimaneutralem Wasserstoff und Ersatz von Erdgas in schwer zu dekarbonisierenden Sektoren (Industrie/ Mobilität), ein Spitzenlastausgleich, Flexibilitätsleistungen sowie Speicherung von volatilen erneuerbaren Energien. Es soll ein nationaler und internationaler Markt etabliert werden. Die Strategien sehen vor, dass der Wasserstoffbedarf in Österreich und in der EU durch nationale Produktion und Importe gedeckt wird. Die Erneuerbare-Energie-Richtlinie der EU gibt zudem vor, dass Wasserstoff strengen Vorgaben entsprechen muss, um als erneuerbar und somit förderbar zu gelten. Die Elektrolysekapazität in Österreich soll 2030 1 GW betragen, in der EU sind bis 2030 40 GW vorgesehen. Um die Lücke zwischen Eigenerzeugung und Bedarf zu decken, sollen langfristig ca. 70% des Bedarfs importiert werden. Wesentliche Importroute für Österreich soll der südliche Korridor mit Importen aus Tunesien über Italien werden.

Im Rahmen des Beirates des „Hydrogen Partnership Austria“ (www.hypa.at) wirkte die Regulierungsbehörde aktiv an Empfehlungen für eine Beschleunigung des Wasserstoffhochlaufs an die zuständigen Ministerien mit.

Die Beschaffenheit von Wasserstoff für die Einspeisung in ein zukünftiges Wasserstoffnetz wurde bereits in der ÖVGW-Richtlinie H B100 definiert. Für Verteilnetze ist eine Qualität von Grad A (mindestens 98,0% Wasserstoff) vorgesehen, während für lokale Netze Grad D (mindestens 99,97% Wasserstoff) festgelegt wurde.

Für die Bestimmung der Standorte für die nationale Wasserstoffproduktion wurden im integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplan zwei Ansätze miteinander kombiniert. Zunächst wurden alle bekannten und geplanten Elektrolyseprojekte berücksichtigt, die bis 2030 fertiggestellt werden sollen. Diese Projekte befinden sich überwiegend in der Nähe von Industrieanlagen, die auch den Wasserstoff direkt nutzen werden. Im nächsten Schritt wurde zusätzliche Wasserstoffproduktion in einem Modell netzdienlich verortet und betrieben. Dabei sollen die Elektrolysen so betrieben werden, dass sie Lastspitzen negativer Residuallasten glätten und somit das Stromnetz lokal entlasten können.

Um das Ziel der Elektrolysekapazität von 1 GW in Österreich 2030 zu erreichen, werden in der Startphase erste Investitionen in den Aufbau von Erzeugungsanlagen (Elektrolyseure) getätigt werden müssen. Die ersten rechtlichen Grundlagen für Förderungen wurden im EAG sowie im Wasserstoffförderungsgesetz geschaffen und werden ständig weiterentwickelt. Die Bundesregierung hat ein Budget in Höhe von in Summe 840 Millionen Euro dafür zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der zweiten Ausschreibung der EU Hydrogen Bank (Dezember 2024 bis Februar 2025) besteht auch die Möglichkeit, sich für Förderungen aus dem Wasserstoffförderungsgesetz (400 Millionen EUR) erstmalig zu bewerben. Um den Einsatz in der Industrie zu ermöglichen, sollte möglichst bald auch die entsprechende Transportinfrastruktur entwickelt werden.

Für den künftigen Import von Wasserstoff nach Österreich wird der Aufbau des südlichen Wasserstoffkorridors vorangetrieben. Dieser Korridor soll den Import von grünem Wasserstoff aus dem nordafrikanischen Raum möglich machen. Zu diesem Zweck schlossen Deutschland, Österreich und Italien am 30. Mai 2024 eine gemeinsame Absichtserklärung ab, die im Jänner 2025 um die Produzentenländer Algerien und Tunesien erweitert wurde. Dieser Korridor wurde zuvor bereits auf die sechste EU-Liste der Projekte von gemeinsamem Interesse aufgenommen, die erstmals auch Wasserstoffinfrastrukturprojekte miteinschließt. Die E-Control kooperiert im Rahmen des SouthH2-Korridors mit Ministerien, Fernleitungsnetzbetreibern und Regulatoren aus den beteiligten EU-Staaten.

Das BMK hat 2023 erstmalig einen österreichischen integrierten Netzinfrastrukturplan erstellt, ihn einer strategischen Umweltprüfung unterzogen und durch einen umfassenden Stakeholderprozess begleitet. Die E-Control hat 2023 die Erfahrungen aus der Erstellung und dem Monitoring der Netzentwicklungsplanung Strom und Gas in die erstmalige Erstellung des integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplans eingebracht. Dabei wurde besonders auf eine konsistente Anwendung der methodischen Werkzeuge zur Ableitung von Infrastrukturbedarfen geachtet.

Außerdem hat auf Initiative des BMK von November bis Dezember 2023 eine Dialog- und Informationsoffensive mit Vertreter:innen der Bundesländer stattgefunden. Die E-Control hat an diesen Terminen teilgenommen und über die bestehenden nationalen und europäischen Instrumente der Strom- und Gasnetzplanung sowie die wesentlichen Eckpunkte der Regulierungsmodelle für die Strom- und Gasnetzbetreiber informiert.

Der Plan selbst und der Bericht über die strategische Umweltprüfung sind im Sommer 2023 durch das BMK konsultiert worden. Die endgültige Fassung wurde vom BMK im Frühjahr 2024 veröffentlicht. Sie enthält wesentliche Infrastrukturkorridore für Strom und Wasserstoff, die in den nächsten Jahrzehnten realisiert werden sollen.