Der österreichische Energiemarkt – Rückblick und Ausblick

Das letzte Jahr war von vielen wegweisenden Veränderungen geprägt, viele neue Aufgaben und Herausforderungen stehen auch im Jahr 2012 bevor.

Das Jahr 2011 war ein sehr ereignisreiches für den österreichischen, aber auch den europäischen Energiemarkt. Mit Inkrafttreten des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes 2010 (ElWOG 2010) und des
E-Control Gesetzes mit 3. März 2011 wurde ein neuer Abschnitt am österreichischen Energiemarkt eingeleitet. Doch auch unvorhergesehene Ereignisse haben den Energiemarkt im letzten Jahr geprägt. Die Atomkraftwerks-Katastrophe in Japan hat zu einer Neubewertung der Nukleartechnologie geführt und – verstärkt durch den Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie – vehement die Frage aufgeworfen, wie die Energieversorgung in Zukunft funktionieren wird. „Diese Diskussionen werden sich auch im Jahr 2012 fortsetzen und das Geschehen am österreichischen und europäischen Energiemarkt beeinflussen.“, so die beiden Vorstände der E-Control
DI Walter Boltz und Mag. (FH) Martin Graf.

2011: Neustart für Regulierungsbehörde mit erweiterten Kompetenzen

Zehn Jahre nach ihrer Gründung wurde die E-Control GmbH mit 3. März 2011 in eine Anstalt öffentlichen Rechts umgewandelt und ihre Organe bei der Wahrnehmung regulatorischer Aufgaben völlig weisungsfrei gestellt. Die Neuorganisation der
E-Control mit Walter Boltz und Martin Graf an der Spitze konnte am 31. März abgeschlossen und die erweiterten Aufgaben und Kompetenzen der Regulierungsbehörde in Angriff genommen werden. „Die E-Control blickt auf ein arbeitsreiches Jahr zurück. So sind neue Kostenverfahren geführt und die Netzentgelte für 2012 festgesetzt worden. Intensiv gearbeitet wurde vor allem auch an zwei neuen Verordnungen, zum einen über die Mindestanforderungen an Smart Meter und zum anderen zur neuen Stromkennzeichnung.“, so die Vorstände Graf und Boltz. „Auch das kommende Jahr wird viele Aufgaben und Herausforderungen mit sich bringen, die wir gerne annehmen. Der Konsumentenschutz und die Verbesserung der Transparenz, vor allem aber auch der große Bereich der Nachhaltigkeit und der Energieeffizienz, sowie die Frage der künftigen Ausgestaltung der Energieversorgung werden auf der Agenda der E-Control ganz oben stehen.“

Neue Stromkennzeichnung in Kraft

Am 14. September 2011 wurde die neue Stromkennzeichnungs-Verordnung veröffentlicht, die sich durch strenge Bestimmungen zur Ausstellung und Verwendung von Herkunftsnachweisen auszeichnet. „Endkunden können nun klar nachvollziehen aus welchen unterschiedlichen Quellen ihr Strom stammt und besitzen somit ein zusätzliches Qualitätskriterium bei der Auswahl ihres Energielieferanten.“, fasst Martin Graf zusammen. Die Bestimmungen zur Ausgestaltung der Stromkennzeichnung wurden mit 1. Jänner 2012 rechtlich verbindlich. „Im kommenden Jahr werden erstmals die Effekte aus der neuen Verordnung zum Tragen kommen und eine zentrale Rolle bei der Diskussion über die zukünftige Energieversorgung Österreichs einnehmen.“, so Graf.

Grundsteine für Smart Metering Roll-Out werden gelegt

Mit der am 25. Oktober 2011 veröffentlichten Verordnung zu den technischen Mindestanforderungen an die neuen Messgeräte, wurde ein erster Grundstein für die österreichweite Implementierung von Smart Metern gelegt. In der Verordnung ist unter anderem die Messung und Speicherung von Zählerständen festgelegt, die Speicherdauer der erfassten Daten sowie die Häufigkeit der Ausgabe der Daten an den Netzbetreiber definiert. „Damit haben die Netzbetreiber nunmehr Investitionssicherheit in Bezug auf die von ihnen angekauften Geräte. Und die technischen Mindeststandards sollen auch gewährleisten, dass die jetzt angeschafften Geräte zukunftssicher sind.“, so Walter Boltz. Und weiter: „2012 wird ein entscheidendes Jahr für den Roll-Out von Smart Metering sein. Aktuell ist die Verordnung des Wirtschaftsministeriums für den Fahrplan zur Implementierung in Begutachtung. Die E-Control arbeitet bereits an ihrer zweiten Verordnung. In dieser soll unter anderem festgelegt werden, welches Datenformat zum Austausch der Verbrauchsdaten zwischen Netzbetreiber und Lieferant in Zukunft zur Anwendung kommt, und wie Kundeninformationen, die mit Smart Meter erhoben werden können, aufbereitet sein müssen, um zur Steigerung der Energieeffizienz in Österreich beitragen zu können. Die Verordnung soll noch im ersten Quartal 2012 in Begutachtung geschickt werden.“

Energieeffizienz im Fokus

Das Jahr 2012 wird vor allem auch richtungsweisend für das Thema Energieeffizienz sein, untermauert Martin Graf. „Die Europäische Kommission will eine neue Richtlinie zur Energieeffizienz auf den Weg bringen und in Österreich ist ein bundesweites Energieeffizienzgesetz geplant. Ein entscheidender Faktor wird dabei sein, welche Rolle die Energieversorger in Zukunft bei der Steigerung der Energieeffizienz haben werden und welche Maßnahmen ergriffen, umgesetzt und auch überwacht werden.“

Umsetzung des neuen Gasmarktmodells

Mit 20. Oktober 2011 wurde das neue Gaswirtschaftsgesetz beschlossen. Das Gesetz sieht vor, dass die Fernleitungsnetzentgelte nicht mehr auf Basis von Vertragspfaden, sondern auf Basis eines Entry-Exit-Systems ausgestaltet werden sollen. Die dadurch vorgesehenen Änderungen bedeuten für den österreichischen Gasmarkt eine durchgehende Umgestaltung der bisherigen Prozesse und die Etablierung eines virtuellen Handelspunktes in Österreich. Damit wird eine höhere Liquidität und folglich mehr Wettbewerb geschaffen. Das neue Marktmodell ist bis 1. Jänner 2013 umzusetzen. „Dazu startete die Regulierungsbehörde bereits einen umfassenden Diskussionsprozess mit allen Marktteilnehmern, um das neue Regelwerk bis zum Frühjahr 2012 zu erstellen und den Unternehmen ausreichend Zeit zu geben, die neuen Regelungen rechtzeitig umzusetzen.“, so die Vorstände Boltz und Graf.

Mehr Transparenz im Energiegroßhandel

Wesentliche Verbesserungen wird es auch hinsichtlich der Transparenz geben. Am 28. Dezember 2011 ist die EU-Verordnung über "Integrität und Transparenz des Energiemarkts" (REMIT) in Kraft getreten. Diese soll gewährleisten, dass die auf den Energiegroßhandelsmärkten gebildeten Preise auf ein faires und auf den Wettbewerb beruhendes Zusammenspiel zwischen Angebot und Nachfrage zustande kommen. Vor allem sollen aus Marktmissbräuchen keine unrechtmäßigen Gewinne gezogen werden. „Aufgrund der Verflochtenheit der Märkte ist eine grenzüberschreitende Marktüberwachung notwendig, weshalb sowohl der Europäischen Energieregulierungsagentur ACER als auch den nationalen Regulierungsbehörden eine zentrale Rolle übertragen wird.“, erläutert Walter Boltz. Und weiter: „Personen, die über Insider-Informationen in Bezug auf den Energiegroßhandelsmarkt verfügen, ist es seit 28. Dezember 2011 untersagt, diese zu nutzen. Die Verordnung schreibt zudem vor, dass bestimmte Insider Informationen – etwa über die Kapazität und die Nutzung von Anlagen zur Erzeugung und Speicherung, zum Verbrauch oder zur Übertragung von Strom und Erdgas – zu veröffentlichen sind.“