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Versorgungssicherheit Gas: Vorsorge statt Krise

Maßnahmen zur Speicherbefüllung haben gewirkt

Aufgrund der Marktsituation im Februar 2022 (steigende Gaspreise und sinkende Liefermengen aus Russland) wurden mehrere Maßnahmen zur Speicherbefüllung gesetzt. Neben der Erweiterung der Vorgaben für die Einhaltung des Versorgungsstandards umfassten diese die Einführung einer strategischen Gasreserve für Österreich von 20 TWh sowie Anreize für die Einspeicherung für Endkund:innen. Die Verpflichtung zur Vorhaltung dieser strategischen Reserve ist vom Nationalrat vorerst bis 1. April 2026 verlängert worden.

Gemäß § 26a Energielenkungsgesetz 2012 (EnLG 2012) wurde für Endkund:innen, bspw. Industriebetriebe, die Möglichkeit geschaffen, Gasmengen einzuspeichern, die bis zu einem Anteil von 50 % ihres Verbrauchs im vorangegangenen Kalenderjahr von mengenbezogenen, hoheitlichen Maßnahmen ausgenommen sind (sog „immunisierte Mengen“). Diese Gasmengen können nur im Falle der Notwendigkeit für die Aufrechterhaltung des technisch sicheren Netzbetriebs und für völkerrechtliche bzw. solidarische Verpflichtungen herangezogen werden, wobei auch dann nur gegen Ersatz des Kaufpreises samt Speicherkosten und Netznutzungsentgelten. Die Möglichkeit zur Absicherung bereits eingespeicherter Gasmengen haben auch einige größere Endkund:innen genutzt. Mit Stand 26. November fallen somit rund 5,19 TWh unter diese Regelung. Auch diese Regelungen wurde bis 2026 verlängert.

Großteil der Speichermengen steht österreichischen Gaskund:innen zur Verfügung

Mit Stand 10. Dezember 2024 sind die Gasspeicher in Österreich zu knapp 85 % gefüllt, das sind rund 86,3 TWh. Von diesen Speichermengen werden ca. 31,5 TWh dezidiert für die Endkund:innen in Österreich vorgehalten, weitere ca. 15 TWh von österreichischen Speicherkunden, die wahrscheinlich im österreichischen Gasmarkt verbleiben. Ein Teil der Speicherkapazitäten wird von ausländischen Speicherkunden, davon der Großteil deutsche Speicherkunden, genutzt. Auch diese Mengen werden zum Teil auf dem virtuellen Handelsplatz VHP gehandelt und können in Österreich an die Endkund:innen geliefert werden. Im Wesentlichen ist dies abhängig von den Preisunterschieden auf den Großhandelsmärkten.

Deutsche Speicherumlage nach wie vor problematisch für Österreich

Am 20. November 2024 hat die Trading Hub Europe GmbH (THE) die Festlegung der Speicherumlage ab dem 1. Jänner 2025 veröffentlicht, die auf 2,99 Euro/MWh erhöht wird. In die Berechnung ist von Seiten der THE eingeflossen, dass die Gasmengen an den Grenzübergabepunkten unberücksichtigt bleiben, da davon ausgegangen wird, dass der Gesetzgebungsprozess mit Wirkung zum 1. Jänner 2025 umgesetzt und die Speicherumlage für den Import über Deutschland abgeschafft wird. Dies ist ein positives Zeichen, allerdings ersetzt es nicht die dringende gesetzliche Änderung des § 35e im deutschen Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Dies wird auch im Austausch mit den Entscheidungsträgern und Behörden in Deutschland und in der EU betont, im Sinne der Solidarität und der guten Nachbarschaft von Deutschland und Österreich.

Wie könnte sich die Versorgungssituation mit dem Wegfall des Ukraine-Transits entwickeln? - Szenarien für die nächsten Winter

Um eine laufende Einschätzung der zukünftigen Versorgungssituation vornehmen zu können, berechnen wir Gasversorgungsszenarien. Damit sollen die Behörden in die Lage versetzt werden, bei absehbaren kritischen Situationen möglichst früh handeln zu können. Die Szenarien bilden auf Grundlage eines quantitativen Modells („Maßnahmenrechner“) und Experteneinschätzungen unterschiedliche Verläufe der Gasflüsse und Speicherbewirtschaftung ab. Der Beobachtungszeitraum beträgt zwei Jahre und die Szenarien werden laufend aktuell an die Situation angepasst.

Im Sommer 2024 wurden zusammenfassende Ergebnisse aus diesen Szenarien gemeinsam mit der Österreichischen Energieagentur erstmals veröffentlicht.[1] Die Annahmen von damals haben sich im Wesentlichen bestätigt, und neue Berechnungen zeigen weiterhin eine robuste Versorgungssituation.

Besonderes Augenmerk gilt dabei natürlich dem Szenario eines vollständigen Ausfalls der russischen Lieferungen über die Ukraine. In diesem Fall könnte selbst in einem „kalten Winter-Szenario“ die Versorgung mit den direkten Kapazitäten aus Deutschland und Italien aufrechterhalten werden, ohne dass es spezifischer Lenkungsmaßnahmen bedarf. Die Speicherbefüllung für die nächsten beiden Winter wäre damit vollständig möglich. Ebenso wurde ein zusätzlicher Abfluss in Nachbarländer wie der Slowakei modelliert. Wesentlich für dieses Ergebnis ist der weiterhin hohe Speicherstand und die Buchung und Nutzung der Transportinfrastruktur durch die Gashändler und -versorger.

Kurzfristige Preisrisiken sind nicht auszuschließen und können sich auch regional unterschiedlich auswirken. Langfristig zeigen die Szenarien jedoch keine Entkopplung vom europäischen Markt. Ein Ausbau der Kapazitäten (sowohl durch den WAG Loop, als auch durch die Route Deutschland-Tschechien) kann die Verbindung von Österreich zum europäischen Großhandelsmarkt noch verbessern und damit das Risiko für Preisausschläge deutlich mindern. 

Vorsorge statt Krise – Aufgaben der Gasversorger

Damit auch bei einem Ausfall der Ukraineroute Endkund:innen sicher versorgt werden können, müssen auch Gasversorger ihren Teil beitragen. Diese haben Vorgaben zur Sicherung der Versorgung umzusetzen. Diese umfassen die Erfüllung des Versorgungsstandards für die Belieferung geschützter Kund:innen (Haushalte, soziale Dienste und Fernwärme) und das Vorweisen von Versorgungssicherheitskonzepten.

Versorgungssicherheitskonzepte der Gasversorger

Österreichische Gasversorger sind verpflichtet, Versorgungssicherheitskonzepte zur Vorbereitung des unmittelbaren Ausfalls ihrer größten einzelnen Bezugsquelle und zur Reduktion des Anteils von russischen Gasmengen zu erstellen und diese an uns zu übermitteln. Alle betroffenen Versorger sind dieser Verpflichtung zeitgerecht nachgekommen. Und die Auswertungen der von den Versorgern gemeldeten Versorgungssicherheitskonzepte zeigen, dass die in Österreich tätigen Gasversorger entsprechend auf den Ausfall ihrer größten Bezugsquelle vorbereitet sind. Die Konzepte zeigen auch, dass die Versorger Maßnahmen umgesetzt haben bzw. entsprechende Umsetzungen planen, um Gas unbekannter Herkunft, und damit auch potenziell Gas aus russischer Herkunft, durch Lieferungen mit nachweisbarer, nicht-russischer Herkunft zu ersetzen.

Der Monitoringbericht Versorgungssicherheit Gas 2024 kann auf unserer Homepage abgerufen werden: https://www.e-control.at/publikationen/publikationen-gas/berichte

[1] Siehe Details in Szenarien der Gasversorgung in Österreich, Österreichische Energieagentur im Auftrag des BMK, mit Unterstützung der E-Control, Juni 2024.