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Regulierungsmodell neu – Systematik für die fünfte Regulierungsperiode der Stromverteilernetzbetreiber

Hintergrund

Das 2006 eingeführte österreichische Anreizregulierungssystem für Stromverteilernetzbetreiber1 befindet sich derzeit am Ende seiner vierten Periode. Die nächstfolgende, fünfte Regulierungsperiode, beginnt mit 1. Jänner 2024 und endet mit 31. Dezember 2028. Grundlage dieser Periode ist eine Regulierungssystematik, die wir auf Basis eines transparenten Diskussions- und Verhandlungsprozesses gemeinsam mit den Legalparteien, Oesterreichs Energie sowie einzelnen Unternehmensvertretungen neu aufgesetzt und im Hinblick auf die aktuellen Rahmenbedingungen weiterentwickelt haben.

Ziel der Regulierung ist es im Allgemeinen, Betreibern von Netzinfrastrukturen – die volkswirtschaftlich gesehen natürliche Monopole darstellen – gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Allgemeininteresse aufzuerlegen. Die Regulierungssystematik mit ihren Regulierungsparametern legt dabei jeweils die Rahmenbedingungen der gültigen Regulierungsperiode fest. In Einklang mit den aktuell gültigen Gesetzen verfolgt sie im Speziellen beispielsweise auch die Ziele, den Unternehmen Planungssicherheit zu geben und die Stabilität des Regulierungssystems zu gewährleisten.

Herausforderungen bei der Festsetzung des neuen Regulierungsmodells

In die kommende fünfte Regulierungsperiode wird ein wesentlicher Teil der Energiesystemwende fallen. Das Gelingen dieser bedeutenden Wende hat weitreichende Auswirkungen auf die Netzinfrastruktur und den Netzbetrieb, weshalb die Stromverteilernetzbetreiber aktuell und zukünftig vor großen Herausforderungen stehen. Unter anderem diese Tatsache sowie die derzeit erschwerenden Rahmenbedingungen durch die außergewöhnlichen Inflations- und Zinsentwicklungen haben uns bei der Anfertigung der Regulierungssystematik für die vierte Regulierungsperiode vor besondere Herausforderungen gestellt. Zentrale Fragen hierbei waren beispielsweise, wie ein neues System implementiert werden kann, das einerseits Planungssicherheit, Stabilität und Vorhersehbarkeit schafft, andererseits aber Flexibilität hinsichtlich sich während der Periode ändernden Rahmenbedingungen sicherstellt.

Wie wurde den Herausforderungen begegnet? Welche Neuerungen wurden eingeführt? 

Um ein ausgewogenes Regulierungssystem für die fünfte Periode sicherzustellen, haben wir die bestehende Systematik weiterentwickelt und auch neue Regulierungsparameter implementiert. So wurde beispielsweise als Reaktion auf den erhöhten Anschlussbedarf für Erzeuger von Strom auf Basis erneuerbarer Energien ein neuer Betriebskostenfaktor (BKF) für den Anschluss neuer Einspeiser-Zählpunkte eingeführt, durch den einmalige OPEX (Betriebskosten) abgegolten werden, die beim Anschluss neuer Einspeiser-Zählpunkte anfallen.

Zudem wurde beim Finanzierungskostensatz, der eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals der Netzbetreiber sicherstellen soll, erstmalig eine separate Betrachtung von Alt- und Neuanlagen eingeführt. Die Einführung eines separaten WACC (Weighted Average Cost of Capital) für Neuinvestitionen zielt darauf ab, insbesondere vor dem Hintergrund der sich verändernden Zinslandschaft die Finanzierung und Durchführung angemessener und notwendiger Infrastrukturinvestitionen im Sinne der Netz- und Versorgungssicherheit sowie Dekarbonisierung zu ermöglichen. Gleichzeitig werden die Netzbenutzer:innen vor ungerechtfertigten Finanzierungskostenbelastungen geschützt, indem weiterhin ein angemessener, niedrigerer Zins auf das eingesetzte Kapital im alten Anlagebestand zugestanden wird.

Aufgrund der aktuell außergewöhnlichen Inflationsentwicklungen wird erstmalig eine Aufrollung des t-2-Zeitverzugs beim Netzbetreiberpreisindex eingeführt. Durch die Einführung der Aufrollung verhindern wir eine Kostenunterdeckung auf Netzbetreiberseite und stellen gleichzeitig Transparenz und Vorhersehbarkeit hinsichtlich der Kostenanerkennung im Zuge der vierten Regulierungsperiode sicher.

Als Neuheit sei auch die Einführung der Systematik potenziell veränderlicher Parameter genannt: Es kann davon ausgegangen werden, dass sich der gesetzliche Rahmen für Stromverteilernetzbetreiber im Verlauf der Regulierungsperiode verändert, was auch Veränderungen in der Versorgungsaufgabe der Netzbetreiber zur Folge haben kann. Um solche Veränderungen auch während der Regulierungsperiode abbilden zu können und für diesen Fall eine Flexibilität in der Regulierungssystematik zu erlauben, wurde erstmalig die Systematik potenziell veränderlicher Parameter eingeführt. Hierdurch besteht beispielsweise die Möglichkeit, im Laufe der Periode einen neuen Erweiterungsfaktor zu berücksichtigen.

Zusammenfassend liefert die Regulierungssystematik für die fünfte Regulierungsperiode trotz ihrer Flexibilität einen stabilen und vorhersehbaren Rahmen für die Netzbetreiber, durch den Planungssicherheit geschaffen und eine Anreizwirkung aufrechterhalten werden kann. Durch diesen neu geschaffen Regulierungsrahmen wird es den Netzbetreibern ermöglicht, alle erforderlichen Maßnahmen für kommende Herausforderungen umzusetzen bzw. flexibel auf neue reagieren zu können.

Weiterführende und detailliertere Ausführungen sind in der „Regulierungssystematik für die fünfte Regulierungsperiode der Stromverteilernetzbetreiber“ zu finden. Dieses Dokument steht unter folgendem Link als Download zur Verfügung: https://www.e-control.at/marktteilnehmer/strom/netzentgelte/entgeltermittlungsverfahren


[1] Stromverteilernetzbetreiber mit einer Abgabemenge von über 50 GWh an Entnehmer:innen im Jahr 2008 oder einem eigenen gesetzlich zugeordneten Netzbereich