Obwohl in Europa zunehmend grenzüberschreitend Strom und Gas gehandelt wird, ist derzeit die Überwachung von Energiemärkten national organisiert. Energiehändler und Broker agieren in der Regel in mehreren europäischen Ländern, ebenso Börsen, wie zB die EPEX Spot, die Spotmarkt-Geschäfte von Paris aus für Frankreich, Deutschland, Österreich und Schweiz abwickelt. Durch die derzeit noch fehlenden rechtlichen Grundlagen für eine grenzüberschreitende Energiemarktüberwachung bzw. fehlende Definition von Insiderhandel und Marktmissbrauch ist derzeit eine umfassende Überwachung des Energiehandels in Europa nicht möglich.
Die Europäische Kommission trägt dieser Situation mit einem neuen Gesetzesvorschlag, der am 8. Dezember 2010 veröffentlicht wurde, Rechnung. Dieser sieht ein umfassendes Reporting von Großhandelstransaktionen und eine koordinierte Aufsicht von ACER, nationalen Energieregulierungsbehörden und nationalen und europäischen Finanzregulierungsbehörden vor.
Um für die kontinuierliche und koordinierte Aufsicht Vorbereitungen zu treffen und praktische Erfahrung für ein zukünftig notwendiges, europäisches Energiehandelsüberwachungssystem zu sammeln, haben die europäischen Energieregulatoren in Kooperation mit EFET (Vereinigung der Energiehändler) und der Forschungsinstitution FORMAET ein Pilotprojekt zur länderübergreifenden Energiehandelsüberwachung gestartet. „Ziel dieses Projekts ist es zu zeigen, wie eine automatische Übermittlung, Speicherung und Auswertung von Energiehandels-daten über Grenzen hinweg in der Praxis funktionieren kann und auch Erfahrungen für ein zukünftiges europäisches Energiehandelsüberwachungssystem zu sammeln.“, erläutert DI Walter Boltz, der Geschäftsführer der österreichischen Regulierungsbehörde E-Control, die federführend an der Entwicklung und Umsetzung des Pilotprojekts arbeitet. Und weiter: „Durch Einbeziehung von Projektpartnern wie den Energiebörsen EEX und EXAA, sowie der RWE und Spectron als Händler bzw. Broker in das Pilotprojekt können neben Börsehandelsdaten auch bilaterale Energiehandelsgeschäfte (OTC) erfasst und diese gemeinsam ausgewertet werden.“
Das Pilotprojekt umfasst neben der automatischen Übermittlung standardisierter Informationen über Energiehandelsgeschäfte auch die Erfassung von sogenannten Fundamentaldaten (Erzeugung, Netzinformation und Verbrauch) und die Durchführung von exemplarischen Analysen und Statistiken zur Energiemarktüberwachung.
Durch die Einbindung von allen relevanten Stakeholdern (Europäische Kommission, Regulatoren, Händler, Broker, Börsen) über ein Steering Komitee und über Workshops im Laufe des Projekts ist gewährleistet, dass die Ergebnisse des Piloten auch in der Praxis anwendbar und als Grundlage für einen rechtlichen Rahmen zu verwenden sind.
Ergebnisse des Pilotprojekts werden im Jänner 2011 präsentiert.