APG als unabhängiger Übertragungsnetzbetreiber zertifiziert

Per Zertifizierungsbescheid der Energie-Control Austria vom 12. März 2012 haben die zuständigen österreichischen und Brüsseler Behörden die Austrian Power Grid AG (APG) als unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber anerkannt. Damit hat VERBUND die Entflechtung (das sogenannte Unbundling) – die von der EU geforderte Trennung der Bereiche Stromerzeugung und –handel vom Bereich der Stromübertragung – abgeschlossen.

In den letzten zehn Jahren wurde der europäische Energiemarkt fundamental umgestaltet. Das Thema Energie steht immer stärker im Fokus der europäischen Politik. Eine Europäisierung der Stromwirtschaft ist eine Grundvoraussetzung für das Gelingen der Energiewende in Richtung erneuerbarer Energien. Mit der Zertifizierung der APG als unabhängiger Übertragungsnetzbetreiber ist ein weiterer Schritt im Rahmen der Umgestaltung des österreichischen Strommarkts getan. „Die Zertifizierung der APG konnte in nur rund einem halben Jahr abgeschlossen werden, was von allen Beteiligten viel Einsatz bei der Prüfung und Umsetzung verlangte. Damit ist aber gelungen, dass Österreich zu einem jener Länder in Europa gehört, die das Zertifizierungsverfahren besonders rasch und effizient umgesetzt haben. Wir erwarten uns, dass der dringend erforderliche Netzausbau durch die APG somit für die nächsten Jahre noch effizienter erfolgen kann“, zeigt sich der Vorstand der Energie-Control Austria, Martin Graf, mit dem Ergebnis zufrieden. Und weiter: „Die Stellungnahme der Europäischen Kommission zum Entscheidungsentwurf der österreichischen Regulierungsbehörde zeigte, dass das Zertifizierungsverfahren vor der Energie-Control Austria mit dem richtigen Augenmaß und mit der nötigen Strenge geführt wurde“. Im Gegensatz zu anderen Ländern musste die nationale Behörde nach dem Verfahren in Brüssel nicht mehr viel in ihrer Entscheidung ändern.

APG ist unabhängiger Übertragungsnetzbetreiber

VERBUND hat von Beginn an eine Vorreiterrolle in Sachen Strommarktliberalisierung eingenommen. Schon 1998 wurde mit der Gründung der Austrian Power Grid als eigenständige Gesellschaft die Grundlage für den Vollzug des Unbundling geschaffen. Damit war Österreichs führendes Stromunternehmen auch bestens auf die Anforderungen aus dem 3rd Package vorbereitet. Mit der Umsetzung des Modells des unabhängigen Übertragungsnetzbetreibers (ITO) und der nun erfolgten Zertifizierung durch die zuständigen Behörden setzt VERBUND die EU-Vorgaben zeitgerecht um. Die Austrian Power Grid AG kann als eigenständiger Übertragungsnetzbetreiber die Ziele der EU, insbesondere den Netzausbau, nun auch künftig optimal weiter verfolgen. Die Gesellschaft verbleibt zwar als wichtiger, stabilisierender Faktor im Konzerneigentum, hat aber strengste Auflagen bezüglich der klaren organisatorischen Trennung von VERBUND zu erfüllen.
Zu diesen Auflagen gehören unter anderem die vollständige Trennung der Bereiche Personal, IT und Kommunikation, das Verbot von Shared Services sowie die stringente Regelung der Beziehungen des Leitungspersonals zum integrierten Unternehmen. Durch die eben erfolgte Zertifizierung wurde die Erfüllung all dieser Auflagen nun auch von den zuständigen Behörden bestätigt.

Größte Herausforderung: Integration erneuerbarer Energien

Die Integration der stark schwankenden Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, vor allem aus Wind und Sonne, schafft neue Herausforderungen für Produktion und Übertragung. Österreichs besondere Chance ist es in diesem Zusammenhang, durch den Ausbau der Alpenspeicher ‚grüner Akku‘ Europas zu werden. Unbedingte Voraussetzung dafür ist aber eine leistungsfähige Übertragungsinfrastruktur. „Die steigenden Netzbelastungen, die alleine durch den massiven Windkraftausbau in Europa entstehen, erfordern dringend die Umsetzung der Projekte, die wir in unserem Netzentwicklungsplan definiert und die bereits Eingang in die europäischen Planungsüberlegungen gefunden haben“, sagt Dipl.-Ing. Dr. Heinz Kaupa, Vorstandssprecher der Austrian Power Grid AG. „Vor zehn Jahren betrug die installierte Windkraftleistung in Europa rund 10.000 MW. 2010 waren es schon über 80.000 MW. Prognosen sagen für 2020 mehr als eine Verdoppelung auf 200.000 MW voraus. Mit dieser Entwicklung Schritt zu halten, ist die Herausforderung, vor der wir stehen.“

Netzausbau ist europäische Aufgabe

Nicht nur die heimischen Netze sind schon jetzt stark belastet, auch in anderen Ländern wird auf die Notwendigkeit des Netzausbaus verstärkt hingewiesen. Der 2010 erstmals veröffentlichte 10-Jahres-Netzausbauplan der ENTSO-E (Gemeinschaft der Europäischen Übertragungsnetzbetreiber) spricht hier eine deutliche Sprache: In Europa sind rund 35.000 km neue Leitungen notwendig, was einem Investitionsvolumen von rund 25 Milliarden Euro entspricht. Derzeit ist eine überarbeitete Version des 10-Jahres-Netzausbauplans in Begutachtung.

„Der enorme Zuwachs an Stromaufkommen aus erneuerbaren Energiequellen muss quer durch Europa transportiert werden können – von den Windenergieanlagen im Norden und den Sonnenenergieanlagen im Süden hin zu den Ballungs- und Verbraucherzentren der EU. Dies erfordert starke Netze, die diesen enormen Belastungen standhalten“, sagt Mag. Thomas Karall, Vorstand der Austrian Power Grid AG. „Wir überwachen, koordinieren und steuern in enger Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern der europäischen Nachbarn den grenzüberschreitenden Stromfluss und garantieren allen Akteuren am europäischen Strommarkt den barrierefreien Zugang zum österreichischen Netz“, so Karall weiter. „Die Übertragungsnetzbetreiber stehen in ganz Europa vor großen Herausforderungen, um die zukünftigen europäischen Energieversorgungssysteme auch entsprechend der politischen Vorstellungen zu verwirklichen.“