Regulator sieht nur geringe Auswirkungen auf Versorgungssicherheit – Gas-Netzentgelte könnten aber steigen
Die heute bekannt gewordene Absicht des Stromunternehmens Verbund, drei konventionelle Kraftwerke in Österreich (Mellach, Dürnrohr, Neudorf/Werndorf) temporär stillzulegen bzw. zu schließen, habe kaum Auswirkungen auf die heimische Versorgungssicherheit mit Strom, könnte aber zu geringen Mehrkosten bei den Gasnetzentgelten führen, betont Walter Boltz, Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control. „Kraftwerke wie Mellach haben schon bisher kaum Strom erzeugt. Ein Wegfall ändert daher auf Seiten der Stromerzeugung nicht viel, da Österreich auch ohne diese Kraftwerke ausreichend Stromerzeugungskapazitäten hat und bei Bedarf weitere Stromimporte abrufen kann. Allerdings entstehen Probleme in anderen Bereichen.“ In den letzten Jahren wurde für die Gasversorgung des neuen Kraftwerks Mellach eine Gasleitung („Südschiene“) durch Niederösterreich und die Steiermark mit einem Investitionsvolumen von mehr als 300 Millionen Euro verlegt. Die Netzbetreiber haben aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen einen Anspruch auf die Abgeltung der damit verbundenen Kosten. Wenn nun ein Kraftwerk als Großkunde gänzlich wegfällt, haben allen übrigen Kunden (Industrie, Gewerbe oder Haushalt) die Kosten für den Leitungsbau zu tragen. Wegen sinkender Gasbezüge von thermischen Kraftwerken sind die Netzentgelte in der Steiermark bereits um 5 bis 10% angestiegen. „Eine komplette Stilllegung des Kraftwerks Mellach könnte noch weitere Erhöhungen hervorrufen“, sagt E-Control-Vorstand Martin Graf, der dafür appelliert, dass mehrheitlich im öffentlichen Eigentum stehende Unternehmen volkswirtschaftliche Aspekte stärker berücksichtigen sollten.
Reservekapazitäten fallen weg
In Zeiten von Stromflauten im gemeinsamen deutsch-österreichischen Markt fällt durch Schließungen von wetterunabhängigen (Gas-)Kraftwerken Reservekapazität weg. „Wenn in Deutschland witterungsbedingt sehr viel Strom aus Sonne und Wind erzeugt wird, braucht es zusätzlichen Strom aus Österreich, um das deutsche Netz stabil zu halten – dafür stehen diese drei konventionellen Verbund-Kraftwerke dann nicht mehr zur Verfügung“, erläutert Walter Boltz. Unabhängig davon benötigt der österreichische Regelzonenführer im Sommer 2014 für Wartungsarbeiten thermische Kapazitäten für Engpassfälle im österreichischen Netz. Auch hierfür stünden die Kraftwerke nun nicht mehr zur Verfügung, wodurch die Sicherstellung eines stabilen Stromnetzes herausfordernder wird und die damit zusammenhängenden Kosten ansteigen könnten.
„Marktsituation wird sich nächsten zwei, drei Jahre nur wenig ändern“
Aus heutiger Sicht geht die E-Control davon aus, dass sich an der gegenwärtigen Marktsituation, die unter anderem den Betrieb von konventionellen Kraftwerken unrentabel macht, in den nächsten zwei bis drei Jahren nur wenig ändern wird, „und wenn, dann wird sich die Lage eher verschärfen“, so Boltz. Einer der Gründe dafür ist, dass die Förderungen für Ökostrom in Deutschland noch 12 bis 15 Jahre gleich weiterlaufen. Auch die geplante EEG-Reform in Deutschland ist nicht umfangreich genug und wird nur zu einer Verlangsamung des Mengenwachstums (und der Kosten für den deutschen Konsumenten) führen. Die E-Control rechnet daher zumindest bis 2016/17 mit weiter sinkenden Großhandels-Strompreisen, bei gleichzeitig steigenden Förder-, Systemdienstleistungs- und Engpassmanagementkosten.