Marktmodell im Marktgebiet Ost

Das Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011) sieht in Umsetzung des dritten EU-Energiebinnenmarktpaketes wesentliche Neuerungen beim Netzzugang zu Fernleitungen vor.

Das bisherige System von Kapazitätsbuchungen auf der Basis von vertraglich vereinbarten Transportpfaden wurde abgelöst durch ein Entry-Exit-System, in dem Kapazitäten an Ein- und Ausspeisepunkten unabhängig voneinander gebucht und gehandelt werden können. Kapazitäten an Einspeisepunkten sind von Händlern und Versorgern zu buchen und berechtigen zur Einspeisung von Gasmengen in das Fernleitungsnetz eines Marktgebiets und zum Transport der Gasmengen zum virtuellen Handelspunkt des Marktgebiets. Kapazitäten an Ausspeisepunkten berechtigen zum Transport vom virtuellen Handelspunkt zum Ausspeisepunkt und zur Ausspeisung dieser Gasmengen aus dem Fernleitungsnetz. Der virtuelle Handelspunkt ist keinem physischen Ein- oder Ausspeisepunkt zugeordnet und ermöglicht es den Marktteilnehmern, auch ohne Kapazitätsbuchung Erdgas zu kaufen oder zu verkaufen.

Schematische Darstellung Marktgebiet Ost

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Aus dem GWG 2011 ergibt sich auch, dass jeder Netzbenutzer einer Bilanzgruppe angehören muss. Somit wird das bereits bewährte Bilanzgruppensystem aus dem Verteilergebiet nun auch auf die Fernleitungsebene angewandt und umfasst somit das gesamte Marktgebiet. Die Registrierung von Bilanzgruppenverantwortlichen und die Verwaltung der Bilanzgruppen, sowie die Ausgleichsenergiebewirtschaftung auf Marktgebietsebene zählt nunmehr zu den Tätigkeiten des von den Fernleitungsnetzbetreibern benannten Marktgebietsmanagers (MGM), der diese Registrierungsfunktion in Form eines „one stop shops“ wahrnimmt und als erste Anlaufstelle für alle neuen Marktteilnehmer fungiert. Die Abwicklung hinsichtlich der Ausgleichsenergiebewirtschaftung der im Verteilergebiet tätigen Bilanzgruppen ist auch im neuen Marktmodell eine Aufgabe des Bilanzgruppenkoordinators.

Eine wesentliche Änderung ergab sich auch in der Abwicklung der Bilanzierungssysteme. Sowohl auf Marktgebietsebene, als auch auf Verteilergebietsebene, wurde eine Tagesbilanzierung in jeweils unterschiedlicher Ausprägung eingeführt.

Bei der vom Marktgebietsmanager durchgeführten Marktgebietsbilanzierung werden einerseits Tagesabweichungen je Bilanzgruppe ausgeglichen und andererseits das Vermeiden von Stundenabweichungen durch den sogenannten Strukturierungsbeitrag beanreizt. Dieser soll einerseits die Kosten der untertägigen Strukturierung beim MGM abdecken, aber andererseits auch dazu führen, dass möglichst wenig Ausgleichsenergie auf Marktgebietsebene entsteht und die Bilanzgruppenverantwortlichen ihre Verantwortung zum Ausgleich ihrer zugehörigen Bilanzgruppen sorgfältig wahrnehmen.

Der Bilanzgruppenkoordinator wickelt auch im neuen Marktmodell die Ausgleichsenergiebewirtschaftung im Verteilergebiet ab, wobei auch hier für Endverbraucher denen ein standardisiertes Lastprofil (SLP) zugeordnet ist, für die Gasflüsse an den Grenzkopplungspunkten im Verteilergebiet und für Biogaseinspeisungen eine Tagesbilanzierung zur Anwendung kommt. Endverbraucher mit einer vertraglich vereinbarten Höchstleistung über 50.000 kWh/h sind jedoch nach wie vor stundenbilanziert. Endverbraucher denen kein SLP zugeordnet ist und die eine vertraglich vereinbarte Höchstleistung von unter 50.000 kWh/h haben, können jährlich zwischen der Tages- und der Stundenbilanzierung optieren, wobei hierfür eine Online-Messung eingerichtet sein muss. Mit 1. Oktober 2013 wird die Grenze für tagesbilanzierende Endverbraucher von der SLP-Grenze auf eine vertraglich vereinbarte Höchstleistung von 10.000 kWh/h erhöht.

Das neue Marktmodell soll durch die Umsetzung des Entry-Exit-Systems sowie durch die Adaptierung des Bilanzierungssystems (Einführung der Tagesbilanzierung) zu einer Belebung des Wettbewerbs führen, wobei die Gesamtkosten des Netzzugangs- und Bilanzierungsmodells dadurch optimiert werden.