Verordnung zur Festlegung einer Leitlinie für den Übertragungsnetzbereich (SO GL)

Überblick

Die System Operation Guideline (SO GL) ist ein Schritt in der sukzessiven Harmonisierung des Übertragungsnetzbetriebs der EU und trat am 14.09.2017 in Kraft. Sie regelt den regulären Betrieb der Übertragungsnetze und besteht im Wesentlichen aus den vier Teilen: Allgemeine Bestimmungen, Betriebssicherheit, Betriebsplanung und Frequenzregelung. Das dahinter liegende Ziel ist ein klarer Rechtsrahmen mit einem folglich erleichterten Stromhandel und einer hohen Betriebssicherheit.

Da die einzelnen Anforderungen der SO GL teilweise nicht abschließend festgelegt sind, müssen einzelne Methoden von den Übertragungsnetzbetreibern bzw. ENTSO-E ausgearbeitet werden. 

Ein Überblick über den aktuellen Stand ist hier zu finden.

TEIL I: Allgemeine Bestimmungen

In den Allgemeinen Bestimmungen wird der Rahmen der SO GL, sowie die Zusammenarbeit der ÜNBs, NRAs und ENTSO-E für die Entwicklung der Methoden, festgelegt.

Eine Art „Inhaltsverzeichnis“ über alle Modalitäten bzw. Methoden die auf Pan-EU, regionaler oder nationaler Ebene zu entwickeln sind, ist in Artikel 6 gegeben.

Die abschließenden Artikel fordern von ENTSO-E eine Veröffentlichung jährlich am 30.September von Berichten zu drei Themen:

  • Artikel 15, Betriebssicherheitsindikatoren: Eine statistische Auswertung aller Störungen im Regelbetrieb (Ausfälle, Engpässe, …) nach dem 
  • Artikel 16, Leistungs-Frequenz-Regelung: Auswertung der Frequenzqualität und Maßnahmen die zur Haltung derer getroffen wurden, für alle LFR-Blöcke, LFR-Zonen und Monitoring-Gebiete
  • Artikel 17, Bewertung der regionalen Koordination: Auf Basis der Berichte der regionalen Sicherheitskoordinatoren, wird eine Bewertung deren Zusammenarbeit erstellt

TEIL II: Betriebssicherheit

Um die Betriebssicherheit zu gewähren, werden in Artikel 18 zuerst die einzelnen Netzzustände klassifiziert in:

  • Normalzustand
  • Gefährdeten Zustand
  • Notzustand
  • Blackout Zustand

Jeder ÜNB hat dabei in Echtzeit den Zustand seines Netzgebietes zu überwachen und alle 15min eine Ausfallvarianten-Rechnung (u.a. N-1 Kriterium) durchzuführen. Ist das Stromnetz nicht im Normalzustand informiert der ÜNB andere ÜNB darüber.

Weiters ist geregelt welche Entlastungsmaßnahmen es gibt und in welcher Reihenfolge sie angewendet bzw. koordiniert werden sollen. Artikel 25 legt fest wie die Sicherheitsgrenzwerte für den Normalbetrieb durch jeden ÜNB festzulegen sind, wobei dazu Artikel 27 die Spannungsgrenzwerte liefert. Aufgaben der ÜNB und SNN zur Spannungs- und Leistungsregelung sowie Anforderungen zum Schutz des Stromnetzes werden ebenfalls festgelegt.

Die Mindestschwungmasse, notwendig für die dynamische Stabilität des Übertragungsnetzes, wird in Artikel 39. behandelt. Basierend auf einer Studie, durchgeführt durch die Übertragungsnetzbetreiber je Synchrongebiet, wird, wenn notwendig, eine Methode zur Festlegung der Mindestschwungmasse erarbeitet.

Ein wichtiger Schritt zur besseren Vernetzung der Übertragungs- und Verteilnetze ist der verstärkte Datenaustausch. Dazu wurden in einem ersten Schritt nach Artikel 40(6) die wichtigsten organisatorischen Anforderungen, Aufgaben und Zuständigkeiten im Zusammenhang mit dem Datenaustausch (KORRR) festgelegt. Der von den ÜNBs ausgearbeitete Vorschlag wurde am 19.12.2018 von allen Regulierungsbehörden angenommen und am 18.01.2019 durch die E-Control national genehmigt:

Darauf aufbauend bestimmt jeder ÜNB nach Artikel 40(5) in Abstimmung mit den VNBs, SNNs und anderen ÜNBs, wie der Datenaustausch im Detail geregelt ist. Dies betrifft alle für einen sicheren Betrieb notwendigen Informationen wie:

  • Stammdaten der Netz-Komponenten und SNN
  • Fahrpläne für Erzeugung und Verbrauch
  • Nicht-Verfügbarkeitsdaten
  • Echtzeitdaten

Der aktuelle Vorschlag dazu ist hier zu finden.

Abschließend werden in dem Kapitel die Aufgaben der ÜNBs, VNBs und SNNs, sowie der Rahmen für die Schulungen des für den Netzbetrieb zuständigen Personals, festgelegt.

TEIL III: BETRIEBSPLANUNG

Bei der Betriebsplanung geht es darum für verschiedene Zeithorizonte durch ein Netzmodell vorherzusagen, ob die erwarteten Energieflüsse (auf Basis von Erfahrung oder Strommarkt) realisierbar sind. Auf Basis dieser Vorhersage können verschiedene Maßnahmen eingeleitet werden, um einen sicheren Systembetrieb zu gewährleisten.

Nach Artikel 65 müssen alle ÜNBs gemeinsam eine Liste an Year-Ahead-Szenarien entwickeln, um den Betrieb des Übertragungsnetzes besser abschätzen zu können. Diese Szenarien werden jährlich von ENTSO-E veröffentlicht:

https://www.entsoe.eu/network_codes/sys-ops/annual-reports/

Das dafür benötigte Netzmodell wird dabei für verschiedene Zeithorizonte (Year-Ahead, Week-Ahead, Day-Ahead und Intraday) von den einzelnen ÜNB individuell erstellt. Diese Netzmodelle werden nicht nur für die Betriebssicherheitsanalyse oder Planung des einzelnen ÜNB herangezogen, sondern auch an den regionalen Sicherheitskoordinator (derzeit für Österreich TSCNet) gesendet. Dieser verknüpft die individuellen Netzmodelle zu einem sogenannten Common Grid Model (CGM) mit dem u.a. auf regionaler Ebene Prognosen über die Versorgungssicherheit gemacht werden können. Die CGM Methode nach Artikel 67(1) und 70(1) wurde dazu von den ÜNBs am 14.03.2018 eingereicht und am 21.09.2018 von den Regulierungsbehörden genehmigt.

Das CGM der SO GL steht dabei im Einklang mit den Netzmodellen die laut der Verordnung (EU) 2015/1222 (CACM) und Verordnung (EU) 2016/1719 (FCA) zu erstellen sind.

Zusätzlich ist nach Artikel 75(1) eine Methode zur Koordination der Betriebssicherheitsanalyse durch die ÜNBs entwickelt. Diese wurde am 21.06.2019 von ACER genehmigt.

Auf Basis dieser Methode wurde nach Artikel 76(1) ein Vorschlag zur regionalen Koordination der Betriebssicherheit für die zehn Kapazitätsberechnungszonen (CCR) in Europa von den TSOs entwickelt. Österreich ist dabei mit seinen Grenzen in den CCR Regionen Core und Italy North (inkl. explanatory note) beteiligt.

Als weitere Planungsgrundlage sollen die regionalen Sicherheitskoordinatoren auch die (Nicht-) Verfügbarkeitspläne der ÜNBs erhalten. Um feststellen zu können welche Anlagen eine Relevanz bei der Nicht-Verfügbarkeitsplanung spielen wurde nach Artikel 84(1) eine Methode durch die ÜNBs entwickelt.

Durch die regionale Kooperation bei den Entlastungsmaßnahmen soll die vorhandene Infrastruktur besser genützt und Kosten für den Endkunden eingespart werden.

Um die Abweichung in der eigenen Regelzone gering zu halten, müssen ÜNBs laut den Artikeln in Titel 4, regelmäßig für alle Zeithorizonte eine Leistungsbilanz der Erzeuger und Verbraucher erstellen und das Ergebnis über die Betriebsplanungs-Datenumgebung (OPDE) von ENTSO-E den anderen ÜNB zukommen lassen. Auch sind die ÜNBs dazu verpflichtet zu überwachen ob die notwendigen Systemdienstleistungen ausreichend zur Verfügung stehen.

Die Artikel unter Titel 6 bestimmen welche Daten die Scheduling Agents der Eigentümer von Erzeugungs- bzw. Verbrauchsanlagen and die ÜNBs zur Fahrplanerstellung zu übermitteln haben.

Abschließend werden über die Artikel in Titel 7 die Anforderungen an eine OPDE der ENTSO-E zur Speicherung, dem Austausch und der Verwaltung relevanter Daten festgelegt. Diese Daten umfassen unter anderem die Einzelnetzmodelle und das Common Grid Model, Nichtverfügbarkeitsdaten und Systemleistungsbilanzen der ÜNBs.

TEIL IV: LEISTUNGS-FREQUENZ-REGELUNG UND REGELRESERVEN

Kernstück dieses Teils der SO GL sind die Betriebsvereinbarungen für die acht Synchrongebiete in Europa nach Artikel 118. Österreich ist dabei in der Continental Europe SA. Die Betriebsvereinbarungen teilen sich dabei in zwei Teile: Methoden und Werte, die von allen NRAs genehmigt werden müssen und solche die keine Genehmigung durch NRAs erfordern.

Die Betriebsvereinbarungen beinhalten zahlreiche technische und organisatorische Details wie die (koordinierte) Leistungs-Frequenzregelung stattfinden soll. Die Methoden und Werte für Continental Europe SA (CE SA) die nicht durch NRAs genehmigt werden müssen, wurden am 15.09.2018 durch alle TSOs eingereicht.

Die Methoden der Betriebsvereinbarungen für CE SA die nach Artikel 6.3.d von NRAs genehmigt werden müssen, wurden am 2.10.2018 von allen ÜNBs eingereicht und am 28.05.2019  von der E-Control für die APG genehmigt.

Nach Artikel 154(2), dürfen die ÜNBs weitere technische Eigenschaften der Frequenzregelung festlegen. Diese wurden am 22.03.2019 von allen ÜNBs eingereicht.

Im Zuge dieser Vereinbarungen, mussten nach Artikel 141(2) auch die LFR-Zonen je Synchrongebiet von den ÜNBs vereinbart werden. Der für die Region Continental Europe wurde am 14.09.2018 von den Regulierungsbehörden genehmigt.

Laut diesen Betriebsvereinbarungen nach Artikel 156(11), ist auch die Methode für eine Kosten-Nutzen-Analyse zu entwickeln, „um den Zeitraum zu prüfen, den die FCR-Einheiten oder -Gruppen mit begrenzten Energiespeichern benötigen, um während des gefährdeten Zustands verfügbar zu bleiben“. Diese muss von den ÜNBs der Synchrongebiete Kontinentaleuropa und Nordeuropa erarbeitet werden und wurde 01.03.2019 von den zuständigen Regulierungsbehörden genehmigt.

Auf Basis dieser Methode wird in Folge die optimale Mindestspeicherzeit für FCR-Einheiten festgelegt.