E-Control und APG: Deutsch-österreichische Kooperation senkt Kosten für die Stabilisierung des Stromnetzes weiter
E-Control und APG: Deutsch-österreichische Kooperation senkt Kosten für die Stabilisierung des Stromnetzes weiter
Kosten für Regelreserve 2015 bei 143 Millionen Euro – Tendenz 2016 weiter sinkend+
Wien (15. Juli 2016) – Die Kosten für die Stabilisierung des österreichischen Stromnetzes mit Hilfe von Regelreserven konnten von 2014 auf 2015 um fast 30 Prozent reduziert werden, 143 Millionen Euro mussten 2015 für die gesamte Regelreserve aufgewendet werden. „Und der Trend setzt sich bisher auch im heurigen Jahr fort: 2016 mussten bis Ende Juni rund 50 Millionen Euro für Regelreserve aufgewendet werden. Das ist verglichen mit 2015 eine weitere Verringerung“, bilanzieren der Vorstand der E-Control, Andreas Eigenbauer und Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Vorstandsvorsitzende der Austrian Power Grid (APG). „Die verschiedenen Maßnahmen, die von der Regulierungsbehörde E-Control und dem Übertragungsnetzbetreiber APG gesetzt wurden, haben deutliche Wirkung gezeigt. Und wir sind davon überzeugt, dass die gerade gestartete Kooperation bei der Sekundärregelung zwischen Deutschland und Österreich weitere Kostensenkungen bringen wird.“
Kooperation soll Kosten weiter senken und Märkte liquider machen
Seit Anfang der Woche arbeitet die APG noch enger mit den vier deutschen Übertragungsnetzbetreibern zusammen. Gemeinsam bilden sie die erste internationale Kooperation zu Sekundärregelung in Europa. Die deutschen sowie der österreichische Übertragungsnetzbetreiber sind bereits Teil des internationalen Netzregelverbundes. In dieser Kooperation wird der gegenläufige Abruf von Sekundärregelreserve vermieden, indem in den beteiligten Ländern vorab ein Bedarfsausgleich (Netting) durchgeführt wird. Als logischen nächsten Schritt gehen die deutschen und der österreichische Übertragungsnetzbetreiber nun eine Vertiefung der Kooperation ein, indem der Einsatz von Sekundärregelreserve anhand einer gemeinsamen Abrufliste (Merit Order) durchgeführt wird. Auf diese Weise kommt immer die aus wirtschaftlicher Sicht günstigste Sekundärregelreserve in beiden Ländern zum Einsatz. Die Kosten für die nötige Regelreserve können dadurch gesenkt werden. Im Falle von Netzrestriktionen setzen die deutschen und österreichischen Übertragungsnetzbetreiber die Sekundärregelleistung wie bislang national ein. Im nächsten Schritt wird zur weiteren Vertiefung der Kooperation eine gemeinsame Beschaffung von Sekundärregelleistung – in Deutschland und Österreich geprüft. Auch die gemeinsame Weiterentwicklung der Marktregeln und Produkte für Sekundärregelleistung stehen im Fokus der Übertragungsnetzbetreiber. „Eine noch engere Kooperation, die auch den Zuschlag von Leistung aus dem anderen Land beinhaltet, ist beabsichtigt. Eine gemeinsame Weiterentwicklung wird auf jeden Fall angestrebt, z.B. die kurzfristigere Beschaffung mittels täglicher Auktionen. Die Umsetzung dieses Projekts und dessen Weiterentwicklung erfordern technisch innovative Lösungen und eine laufende Abstimmung der Regulatoren“, so E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch. Dadurch werden auch Vorteile für die Marktteilnehmer geschaffen, etwa die Erweiterung des Marktes und stabilere Preise.
Ein Schritt in Richtung Europa
„Projekte wie diese liefern auch wichtige Erfahrungswerte für die Umsetzung der europaweiten gemeinsamen Einsatzoptimierung von Regelreserven, die derzeit in der europäischen Guideline Electricity Balancing entwickelt und voraussichtlich Mitte 2017 in Kraft treten wird“, sagt Baumgartner-Gabitzer. „Der jetzt getätigte Schritt und die noch folgende weitere Marktintegration am Regelreservemarkt werden dazu führen, dass unregelmäßige Einspeisungen aus erneuerbaren Energieträgern flexibler und grenzüberschreitend im Netz aufgenommen werden können.“
Kosten durch internationale Kooperationen eingedämmt, stetige Erweiterungen
Um die Kosten für die Regelreserve einzudämmen, wurden bereits seit 2013 auf internationaler Ebene zahlreiche Maßnahmen getroffen. Schon 2013 wurde mit der gemeinsamen Beschaffung der Primärregelreserve mit der Schweiz und dem Netting mit Slowenien begonnen, als es noch sehr wenige oder gar keine vergleichbaren Projekte in Europa gab. Beide Projekte wurden seither erweitert, die gemeinsame Beschaffung der Primärregelreserve wurde im April 2015 auf die Übertragungsnetzbetreiber aus Deutschland, den Niederlanden und Dänemark ausgeweitet, Belgien und Frankreich sind in Vorbereitung. Das gegenseitige Anrechnen beim Abruf von Sekundärregelenergie (Imbalance Netting) mit Slowenien wurde 2016 um Kroatien erweitert, Österreich ist seit 2014 auch Mitglied der Kooperation mit Deutschland und weiteren Nachbarländern, die ebenfalls stetig erweitert wird.
Nationale Maßnahmen zur Belebung des Regelreservemarktes wirken weiter
Zuletzt sind wieder neue Anbieter am österreichischen Regelreservemarkt hinzugekommen – die Anzahl hat sich auf mehr als zehn mehr als verdoppelt – und bestehende Anbieter sind in neuen Bereichen tätig geworden. Weitere Teilnehmer sind im Zulassungsprozess, damit hat sich der Trend der vergangenen Monate weiter fortgesetzt. Neue Konzepte und neue Typen von erbringenden Anlagen inklusive Verbrauchern und Windkraftanlagen wurden bei der Zulassung von der APG im Einzelfall analysiert und beurteilt, ohne die Qualität der Regelung und damit die Versorgungssicherheit zu verändern.
Über Regelreserve
Ein zentraler Bestandteil einer sicheren Stromversorgung ist die Vorhaltung von Regelleistung, um kurzfristig reagieren zu können, etwa wenn plötzlich weniger Strom als geplant erzeugt wird, weil beispielsweise die geplante Stromerzeugung eines Windkraftwerkes durch Prognosefehler plötzlich geringer ist oder ein Kraftwerk ausfällt. Dann springen kurzfristig Kraftwerke ein, um zusätzlichen Strom zu erzeugen oder Verbraucher verringern ihren Bezug. Regelenergie ist auch nötig, wenn plötzlich die Stromnachfrage sinkt, z.B. weil die Nachfrage der Verbraucher zu hoch eingeschätzt wurde oder ein großer Stromabnehmer, wie etwa ein Industriebetrieb wegen Anlagenproblemen ausfällt. Dann fahren Kraftwerke ihre Produktion zurück oder es werden Anlagen eingeschaltet, um überschüssigen Strom zu verbrauchen und wieder ein Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch herzustellen.