E-Control: Maßnahmen zum besseren Schutz der Kund:innen gefordert
E-Control: Maßnahmen zum besseren Schutz der Kund:innen gefordert
Strom- und Gasmärkte stark in Bewegung – Konsument:innen massiv unter Druck – Services der E-Control extrem in Anspruch genommen, sehr herausfordernde Zeiten – Zehn Forderungen der E-Control an die Energiewirtschaft
E-Control: Maßnahmen zum besseren Schutz der Kund:innen gefordert (0,2 MB)
- Pressemappe vom 2. Februar 2023
Wien (2. Februar 2023) – Im vergangenen Jahr wurden die Konsument:innen vor große Herausforderungen gestellt. „Die Preise auf den Strom- und Gasmärkten haben komplett verrückt gespielt und Höhen erreicht, die wir seit der Liberalisierung der Energiemärkte in diesen Dimensionen nicht gekannt haben. Das hat etliche negative Auswirkungen nach sich gezogen. Nicht nur, dass die bisher attraktiven Strom- und Gasangebote zurück gegangen sind und sich viele Unternehmen auf das angestammte Versorgungsgebiet zurück gezogen haben, viel schlimmer war noch, dass die Konsument:innen mit starken Preiserhöhungen konfrontiert oder ihre Verträge sogar gekündigt wurden.“, fasst der Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, das vergangene turbulente Jahr auf den Energiemärkten zusammen.
Konsumentenschutz wichtiger denn je
Die sichere und leistbare Versorgung mit Strom und Gas war in den vergangenen Jahrzehnten eine Selbstverständlichkeit in Österreich. „Viele Konsument:innen haben sich daher kaum mit ihrer Energierechnung auseinandergesetzt. Das hat sich in den letzten Monaten massiv geändert. Durch den Krieg in der Ukraine, die daraus resultierenden Probleme bei der Versorgungssicherheit und die entsprechenden Preissteigerungen – die mittlerweile bei den Konsument:innen auch angekommen sind – steht das Thema einer sichereren und vor allem leistbaren Energieversorgung im Mittelpunkt des Interesses. Von größerer Bedeutung als je zuvor waren daher in den vergangenen Monaten Regelungen zum Schutz der Konsument:innen.“, erläutert Wolfgang Urbantschitsch. Und er betont: „Wir spüren eine große Versunischerung bei den Konsument:innen. Das führt dazu, dass das Informationsbedürfnis enorm zunimmt und die Menschen vermehrt auf Hilfe angewiesen sind. Die Services der E-Control wurden dementsprechend stark nachgefragt und mussten erweitert werden, um dem Ansturm an Fragen und Beschwerden gerecht zu werden.“ Eine Anlaufstelle für Konsument:innen, die Probleme am Energiemarkt haben, ist ein zentrales Element, damit das Vertrauen in den Markt nicht verloren geht.
Beratungsstelle der E-Control sehr gefragt
Die Services der E-Control waren 2022 gefragter denn je. So verzeichnete die Beratungsstelle rund 30.000 Anfragen und Beschwerden (das ist ein Plus von 260% gegenüber 2021) und die Schlichtungsstelle weitere 2.800 Anfragen und Beschwerden (das ist ein Plus von 120%) und 1.800 Verfahren (+180%). Der Tarifkalkulator, seit jeher das meistgenutzte Tool der E-Control, verzeichnete ein Allzeit-Hoch mit einer Verdreifachung der Besuche (das ist ein Plus von 206%) von 288.000 im Jahr 2021 auf 880.000 im Jahr 2022. Die Homepage der E-Control dient als zentrale Informationsquelle. Auch hier hat sich die Zahl der Besuche verdreifacht (+231%), von 895.000 im Jahr 2021 auf 2.966.000 vergangenes Jahr.
Anfragen & Beschwerden: Vergleich 2020 bis 2022
Die Probleme sind vielfältig: Von der Grundversorgung……
Das Thema der Grundversorgung ist seit vielen Jahren gesetzlich verankert, kam bisher aber kaum zur Anwendung. „Viele Konsument:innen waren im vergangenen Jahr nun aber aufgrund von Vertragskündigungen auf der Suche nach einem neuen Lieferanten. Angebote am Markt für Neukunden hat es im vergangenen Jahr allerdings nur mehr wenige und vor allem teure gegeben. Deshalb war das Interesse an der Grundversorgung erstmals sehr groß. Allerdings wurde diese ursprünglich für Menschen mit schlechter Bonität oder Zahlungsschwierigkeiten ins Leben gerufen.“, erinnert Wolfgang Urbantschitsch. Weder im ElWOG noch im GWG sind jedoch derartige Voraussetzungen explizit vorgesehen. Allerdings sehen die Gesetze eine Preisobergrenze für die Grundversorgung vor, und zwar mit demjenigen Tarif, den die größte Anzahl an Haushaltskunden eines Lieferanten hat. Das führte dazu, dass vermehrt Konsument:innen unter Berufung auf die Grundversorgung auf einen – günstigeren – Bestandkundentarif wechseln wollten. „Das wiederum haben etliche Lieferanten versucht zu verhindern, indem beispielsweise von Kund:innen sehr wohl soziale Bedürftigkeit nachgewiesen werden musste oder es wurde als Grundversorgungstarif lediglich der für Neukunden angebotene Preis verwiesen. Die E-Control hat sich diesem Problem angenommen, dazu Aufsichtsverfahren geführt und in Bezug auf namhafte Energielieferanten im Rahmen ihrer Zuständigkeit auch bereits entsprechende Bescheide erlassen, mit denen diesen Unternehmen aufgetragen wurden, einen gesetzeskonformen Grundversorgungstarif anzubieten. Die Bescheide sind allerdings nicht rechtskräftig.
….über Preisänderungen…
Viele Beschwerden an der Beratungsstelle der E-Control beziehen sich auf Preiserhöhungen, die für die Konsument:innen unter anderem der Höhe nach schwer nachvollziehbar waren und eine sehr große Belastung für sie darstellen. Der Gesetzgeber reagierte darauf mit mehreren Maßnahmen, die den verunsicherten Kund:innen im Rahmen der Beratungstätigkeiten der E-Control ebenfalls erklärt und näher gebracht werden.
….bis zu Vertragskündigungen
Bereits 2021 sind vier Stromlieferanten bzw drei Gasversorger komplett aus dem Haushaltskundenmarkt ausgetreten. 2022 kam es zu weiteren Marktaustritten von sechs Stromlieferanten und fünf Gasversorgern. In den meisten Fällen kündigten die austretenden Unternehmen alle Kund:innen, die sich daher innerhalb von zwei Monaten einen neuen Lieferanten suchen mussten. Manche Lieferanten zogen sich aber auch lediglich auf ihr angestammtes Liefergebiet zurück und kündigten Verträge in anderen Netzgebieten.
Es kam aber auch zu Kündigungen, bei denen den Kund:innen gleichzeitig der Abschluss eines neuen Vertrages zu erheblich höheren Preisen oder gar ein anderes Preismodell, zum Beispiel ein Float-Produkt, angeboten wurde. „Das hat bei den Konsument:innen häufig zu Verunsicherung oder sogar Problemen mit der Belieferung geführt, weil die Kund:innen das neue Angebot aktiv annehmen mussten und Vielen das nicht bewusst war. Unsere Beratungsstelle war hier sehr gefordert, weil leider nicht alle Unternehmen bei der Kündigung bzw dem Legen eines neuen Vertragsangebots korrekt vorgegangen sind.“, so Wolfgang Urbantschitsch. Und er präzisiert dazu weiter: „So wurden teilweise aufrechte Preisgarantien missachtet, die gesetzliche Kündigungsfrist nicht immer eingehalten oder mitunter sogar ein anderes Produkt als vereinbart geliefert.“
Was für Strom gilt, gilt nicht immer auch für Gas
Viele Regelungen sind für den Strom- und Gasbereich gleich lautend, was zu einer Erleichterung bei der Orientierung beiträgt. „Das gilt aber leider nicht für alles. So gibt es beispielsweise seit Anfang 2022 für Stromkund:innen das Recht, eine Ratenzahlung von bis zu 18 Monaten zu beantragen, die auch gewährt werden muss. Die E-Control hat den Auftrag, zukünftig diese Regelung auf ihre soziale Treffsicherheit hin zu evaluieren. Erste Ergebnisse dazu werden voraussichtlich Ende des Jahres vorliegen. Dieses Recht auf Ratenzahlung hilft besonders in schwierigen Zeiten, wie wir sie derzeit sehen. Deshalb ist es umso bedauerlicher, dass das Recht nicht auch für den Gasbereich gilt. Hier würden wir uns wünschen, dass dies rasch angepasst wird.“, betont Urbantschitsch.
Viele Probleme, mit denen die Konsument:innen derzeit konfrontiert sind, haben sich aufgrund der krisenhaften Situationen auf den Energiemärkten entwickelt. „Viele andere Probleme aber wiederum scheinen uns nahezu „hausgemacht“ zu sein und könnten sich, aus Sicht der E-Control, durchaus lösen lassen.“, ist Wolfgang Urbantschitsch überzeugt. Er fordert daher in einem ersten Schritt alle Strom- und Gaslieferanten auf, rasch aktiv zu werden.
Zehn Forderungen der E-Control an die Strom- und Gasunternehmen
1. Klare, individuelle Kundenkommunikation
Bei Preisänderungen und Kündigungen sollen einfach verständliche Informationen über Handlungsmöglichkeiten der Kund:innen und deren Auswirkungen kommuniziert werden. „Viele Kund:innen wissen zum Beispiel nicht, dass sie – aus welchen Gründen auch immer – ihre Teilzahlungsbeträge ändern können. Und das in beide Richtungen. Eine Information dazu wäre beispielsweise hilfreich.“, so Wolfgang Urbantschitsch.
2. Kund:innen über die Teilbeträge und die Stromkostenbremse informieren
Eine individuelle Information über die Höhe, den angenommenen Verbrauch sowie die Anzahl der Teilbeträge im Jahr soll den Kund:innen automatisch zur Verfügung gestellt werden . Vor allem, ob die Stromkostenbremse berücksichtigt wurde und wenn ja, in welcher Höhe soll dabei erkennbar sein. „Viele Konsument:innen sind verwirrt, weil sie zwar von der Stromkostenbremse in den Medien gehört oder gelesen haben, auf den Teilzahlungsbeträgen wirkt sich diese aber häufig noch nicht aus. Mit einer individuellen Information könnte hier einfach Abhilfe geschaffen werden.“, ist Urbantschitsch überzeugt.
3. Keine Einschränkung der Grundversorgung
Unternehmen sollen keine Bedingungen für den Erhalt der Grundversorgung stellen und den jeweiligen Grundersorgungstarif, der den gesetzlichen Anforderungen entsprechen muss, klar kommunizieren.
4. Abschaltverzicht bei Härtefällen
Gerade in den Wintermonaten sollen keine Kund:innen abgeschaltet oder aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten gekündigt werden. Ratenpläne sollen auch im Gasbereich angeboten werden.
5. Verrechnen, was verbraucht wird
Für Abrechnungen soll der Verbrauch nicht mehr rechnerisch ermittelt werden. Rechnungen sollen immer auf einem durch Netzbetreiber oder durch Kund:in abgelesenen Zählerstand beruhen. Kund:innen mit Smart Meter sollen aktiv Monatsrechnungen angeboten bekommen.
6. Erreichbarkeit sicherstellen
Das Kundenservice soll gut erreichbar sein, Rechnungen müssen zeitnah ausgestellt und schriftliche Antworten rasch an die Kund:innen geschickt werden.
7. Hilfe bei Zahlungsschwierigkeiten
Umfassende Informationen über geltende Unterstützungsmaßnahmen in Österreich und beim Energieunternehmen selbst sollten zur Verfügung gestellt werden. Für soziale Einrichtungen, die Härtefälle vertreten, sollte es speziell geschulte Kontaktpersonen geben.
8. Leichter Zugang zu Vertragsbedingungen
Informationen über den geltenden Energiepreis oder Preisänderungsmöglichkeiten sollen über das Servicecenter und in einem individualisierten Kundenportal leicht zugänglich sein. „Als enorm wichtig erachten wir die Information darüber, welcher Energiepreis überhaupt zur Anwendung kommt. Hier herrscht häufig große Unsicherheit, wie wir von unserer Beratungsstelle wissen.“, erläutert Wolfgang Urbantschitsch.
9. Schnelle Meldung von Produktdetails in den Tarifkalkulator
Um Preistransparenz zu gewährleisten, sollen Lieferanten Preise und Details ihrer Produkte im Tarifkalkulator der E-Control stets vollständig und aktuell halten.
10. Rasche Weitergabe von gesunkenen Großhandelspreisen
Kund:innen sollen gesunkene Großhandelspreise zeitnah in ihren Abrechnungen spüren.
„Im Sinne der Konsument:innen sollten daher alle Anstrengungen unternommen werden, um rasch dringend benötigte Hilfe bieten zu können und das Vertrauen in den Markt zu festigen.“, appelliert Wolfgang Urbantschitsch abschließend.